Dave Liebman / Lewis Porter

Surreality

(Yellowbird/Soulfood)

Dave Liebman/Lewis Porter - Surreality (Cover)Als Leiter des Studiengangs für Jazzgeschichte und Jazzforschung an der Rutgers University hätte der Pianist Lewis Porter eigentlich wissen müssen, dass es im Jazz nicht ums Nacherzählen, sondern um Weiterentwicklung, um Kreativität geht. „Was soll das?“, rutscht es dem Rezensenten nach wenigen Minuten im Selbstgespräch heraus – denn der ein verzerrtes Rhodes malträtierende Tastenmann, sein Saxofon spielender Co-Leader Dave Liebman, Marc Ribot an der Gitarre, Brad Jones am Bass und Chad Taylor am Schlagzeug zitieren den unter Strom stehenden Miles der späten 1960er- und frühen 70er-Jahre, ohne dabei auch nur im Ansatz die Perspektive der Gegenwart einzunehmen oder etwas Sinnvolles zu reflektieren. Das Quintett erinnert dann auch noch an die hymnischen Melodien Albert Aylers, an John Coltrane und Ornette Colemans/Pat Methenys „Song X“. Ein paar sehr dynamische Momente gibt es sicher auf diesem Album, oft aber geht es ruppig oder diffus zu. Was die fünf Musiker eigentlich im Sinn hatten, wird nie klar. Dafür aber, dass die Chemie in diesem Projekt nie ganz stimmt. Wer die sonst immer problemlos abrufbaren Qualitäten aller Beteiligten an dieser Aufnahme kennt, kann nur enttäuscht sein.

Text
Ssirus W. Pakzad
, Jazz thing 96

Veröffentlicht am unter Reviews

Deutscher Jazzpreis 2025