Weniger isst Meer. Mit David Friedman bei Peter Weniger unterm Dach
Es muss nicht immer Kaviar sein, postulierte einst der Deutschen liebster Autor. Unser Chefgourmet Dieter Ilg war denn auch mit dem Heringsrogen, den Saxofonist Peter Weniger seinem vibrafonierenden Duopartner David Friedman und ihm kredenzte, überaus zufrieden – und bat gleich um noch ein wenig mehr Meer.
Ölblatt zu Ölblatt. Ich will kein Öl ins Feuer gießen … Nur: Wenn ich mir den Speiseölmarkt so anschaue, schüttelt es mich kräftig. Was treibt mich zu diesen Gedanken, auf meinem Weg zu Peters Zuhause? Ich bin in der Stadt, in der sich – wie in Brüssel – mehr Lobbyisten in Parlamentsnähe aufhalten als Politiker. Ein kurzer Diskurs in die Geschichte der Speiseölgewinnung, in der die deutsche Hauptstadt – genauer gesagt: das dort regierende NS-Regime – einiges zum Verschwinden handwerklich arbeitender Ölmühlen beitrug. Bis zum Anfang der 1930er-Jahre hatte nahezu jedes Dorf wenigstens eine Ölmühle. Öl war seit jeher ein wertvolles Frischeprodukt, hat es seine ernährungsphysiologischen und spürbar besten Wirkungen doch während der ersten vier (!) Wochen nach dem Pressen. Durch die Inbetriebnahme der ersten großtechnischen Speiseölraffinationsanlage (1933) und das Volksfetternährungsgesetz des Dritten Reiches (1937) kam die Ölmüllerei abrupt zum Stillstand. Und heute wird das auf dem Markt angebotene Speiseöl fast ausschließlich industriell produziert. Die Industrie wiederum kontrolliert die Fettforschung. Ein Schelm, der Schlechtes denkt?
Größtes Misstrauen ist angebracht bei vielen Speiseölangeboten, die im Supermarkt in den Regalen mit Mindesthaltbarkeitszeiten ausgezeichnet sind, die dem Öl als ursprünglichem Frischeprodukt spotten. Da kann man nur einen großen Bogen drum machen und sich um Alternativen bemühen, so mann und frau denn will. Mein Ihnen gerade anvertrautes, bescheidenes Wissen stammt von Walter Bitzer, einem kämpferischen Fachmann und Meister des Speiseölhandwerks: www.oleofactum.de. Auch in dieser Hinsicht gilt: Weniger ist mehr …
Peter ölt sich die Hände und reibt damit die halbierten, ungeskalpten Kartoffeln ein. Anschließend gibt er die behandelten Erdäpfel auf ein mit Backpapier belegtes Backblech. Saxman gefrierkühlt die Kräuter und wringt sie über die wartenden Kartoffeln.
Er lässt den Bauchspeck in Olivenöl aus, nimmt ihn dann aus der Pfanne und gibt die Zwiebeln ins Speckfett des runden, gusseisernen Topfes. Nach Garung werden auch diese Lauchpflänzchen herausgenommen.
Mülltrennung im Hause Weniger bedeutet nicht weniger Mülltrennung, sondern eine säuberlich aufgeteilte Menge, welche sich für die sammelnden Müllverwerter besser verwerten lässt. Erst mehr Verwertung bedeutet weniger Müll. Verstanden? Cradle to Cradle als Ziel?
„Ich halte nichts von der Meinung, Fleisch nicht vorher zu salzen.“ Nun, diese Aussage lasse ich stehen. Das müsste differenziert werden. Aber nicht jetzt und in diesem Moment, in dem ein Geräusch ertönt, welches ein kühlendes Getränk assoziieren lässt. Isabel, Peters Frau, reicht ein Glas Cremant d‘Alsace, Paul-Edouard, brut, www.bott-geyl.com. Zuprostend zurück zur Fleischverwertung.
Peter salzt und mehliert die großen, gewürfelten Rinderstücke. „3 x 3 cm mindestens“, vernehme ich. Das Mehlieren dient zum Aufsaugen des Wassers und zur nachfolgend besseren Bräunung des Anröstmaterials.
Isabel schaut mit wachem Auge über die Schulter des werkelnden Tenoristen. „Das wird eine Daube à la Isabel“, entfährt es dem Gatten.