Freemuse: Jahresbericht
Die Organisation Freemuse untersucht weltweit Fälle, bei denen Künstler in der Freiheit ihres Ausdrucks behindert wurden und Zensur, Inhaftierung oder Gewalt erlitten haben. In ihrem jetzt veröffentlichten Jahresbericht hat Freemuse 673 Einzelfälle aus 80 Ländern untersucht. Darunter wiegen vier Morde am schwersten: Sie geschahen zweifach in Pakistan, jeweils einmal in Bangladesh und Brasilien, wo der Capoeira-Meister Moa de Katendê umgebracht wurde, nachdem er sich gegen den jetzigen Präsidenten Bolsonaro aussprach. 160 Musiker wurden weltweit verhaftet, Urteile in 19 Fällen gesprochen. Eine Häufung von Restriktionen gibt es in China, Ägypten, im Iran und auf Kuba. Besonders im Fokus stehen Länder, die Zensur und Verfolgung im Zusammenhang mit Anti-Terror-Maßnahmen rechtfertigen: Weißrussland und Georgien, aber auch Israel und die USA unter ihnen.
Auch Europa taucht in der Statistik mit Verfahren gegen Künstler in der Türkei, Russland und Spanien auf. Dort geht es um die Behinderung der Arbeit von Musikern, die die katalanischen Separatisten unterstützen, etwa die Band Txarango, die einen Song auf einer Kompilation nicht beisteuern durfte, oder der Rapper Valtonyc, der vor Inhaftierung nach Belgien floh. Freemuse listet auch Deutschland: Hier seien die schottischen Hiphopper Young Fathers bei der Ruhrtriennale ausgeladen worden, da sie die pro-palästinensische BDS-Kampagne unterstützen.
Nochmals nach Brasilien: Im Falle der vermeintlichen Morddrohung an Caetano Veloso durch einen brasilianischen Militärbischof (wir berichteten), hat der Beschuldigte nun einen offenen Brief an den Sänger geschrieben. Darin klärt der Geistliche auf, dass er Velosos Liedtext „É Proibido Proibir“ (Verbieten verboten) zitiert habe, um zu zeigen, dass die These von der absoluten Freiheit ohne Verbote unmöglich ist. An keiner Stelle habe er den Musiker namentlich erwähnt oder ihn mit Rattengift bedroht. Der Bischof hat nun seinerseits Morddrohungen erhalten. Ein Fall, der zeigt, wie das Klima der Angst unter dem neuen Präsidenten auf beiden Seiten zu Überreaktionen führt.
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Freemuse Jahresbericht