Dabbeljudeearr

Lisa BassengeVor ein paar Tagen bin ich ja aus Köln zurückgekehrt, wo ich zwei Wochen mit der WDR Bigband verbracht habe. (Räusper räusper…) Das ist mir letztens aufgefallen, dass Musiker sich oft so räuspern, wenn sie auf bescheidene Weise auf eine ihrer Heldentaten hinweisen wollen. „Ja, Joe Lovano hat die Liner Notes für meine CD geschrieben (Räusper räusper…)“ oder „Ich gehe jetzt für ein Jahr nach Paris, weil ich den Soundso-Jazzpreis gewonnen habe (Räusper räusper…).“ Das finde ich ausgesprochen niedlich und mache es mir hiermit zu eigen.

Also: me and the dabbeljudeearr Bigband (ääähhhemmm!!!!)! Ehrlich gesagt muss ich gestehen, dass mir der Allerwerteste etwas auf Grundeis lief, weil man ja die ganzen Geschichten hört: „Oh Lisa, au wei, du Arme! Das sind die totalen Zickendrähte! Wenn du da eine falsche Note singst, dann kann es gut passieren, dass sie dich UM-BRIN-GEN!!!!!!“ So der O-Ton meiner Berliner Jazzfreunde. Ich also ab nach Westen mit dem mir eigenen Hochstaplergefühl. Die Kinder beim Vater gelassen und zwei Wochen Köln vor der Nase. Und natürlich das Hilton Hotel. Zwei Wochen nicht kochen, keine Windeln wechseln, zwei Wochen jeden Abend hängen, bis der Arzt kommt, und morgens ausschlafen. Juhuu!

Wenn da nicht noch die Musik wäre, die ich mir natürlich mal wieder nicht eine Sekunde lang ansehen konnte. Oh Gott. Na ja, letztendlich hat dann doch alles wunderbar hingehauen und wir haben schöne Aufnahmen gemacht und zwei sehr nette Konzerte gehabt.

Was ich aber so lustig finde: Eine Radio-Bigband ist so ziemlich das Musiker-Untypischste, was man sich vorstellen kann. Die Proben fangen um 10 Uhr an (unvorstellbar für „normale“ Musiker), in der Mittagspause werden die mitgebrachten Stullen ausgepackt, es gibt feste Arbeitszeiten, nach den Gigs geht es sofort in den Bus und zurück nach Haus, und die Gespräche drehen sich nicht um Hasenalarm, Bandhängung und Alkoholkonsum, sondern hauptsächlich um Musik. Alles ist in ein bis drei Takes aufgenommen – im Gegensatz zu einer normalen Studiosession, wo ich es schon erlebt habe, dass wir 20 Takes gemacht haben und immer noch nicht zufrieden waren. Gar nicht so übel, so eine Bigband! Nur am Hang lässt sich noch arbeiten. Die einzigen, die sich noch auf Gesaufe an der Hotelbar eingelassen haben, waren der holländische Trompeter Wim und seine süße Freundin Ana und unser Arrangeur Jörg Achim.

In ein paar Wochen gibt es hoffentlich schon die ersten Rough Mixe aus dem „German Songbook“. Ich bin echt gespannt! So, das war’s mal wieder. Alles Liebe und viele Grüße von eurer Lisa Bassenge.

Veröffentlicht am unter Blog thing

Deutscher Jazzpreis 2025

4 Kommentare zu „Dabbeljudeearr“

  1. Ich finde das total witzig, das mit dem Räuspern. Aber du hast Recht. Ich hab mir das im Radio angehört. Mußte Lachen.
    Liebe Grüße Jeannine

  2. Also das mit dem Räuspern ist mir noch garnicht so extrem aufgefallen. Die meisten Leute die ich kenne versuchen das einfach so darzustellen als wäre es die normalste Sache auf der Welt. Als wäre es kein großes Ding.
    Ich finde ja das Bescheidenheit eine verlorene Tugend ist. Andererseits muss man auch immer bedenken wieso man solche Informationen spezifisch verheimlichen sollte. Muss ich alles verheimlichen worauf man stolz sein könnte? Natürlich sollte man es anderen nicht unbedingt auf die Nase binden.

  3. Das mit der Big Band einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt ist ja auch so eine Sache: Das Individuum geht in die Masse ein, die kreative Verantwortung wird hinter dem Pult sitzend abgelegt, selbst die kurzen Spots für’s Solospielen werden nicht nur dafür genutzt, um sich musikalisch auszudrücken, sondern auch, um die Arbeit des jeweiligen Gastes, Komponisten oder Arrangeurs zu kommentieren. Nein, umgebracht wird man nicht. Aber es werden Intrigen gesponnen und es wird gelästert. Die Musiker einer öffentlich-rechtlichten Radio-Big-Band sind die eigentlichen Jazzpolizisten, die Jazz-“Blogwarte“, per se „unabhängig“ durch ihre Arbeitsverträge mit der jeweiligen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt. Und ist es nicht paradiesisch? Nach einer langen, arbeits- und urlaubszeitlich fest geregelten Laufbahn als Big-Band-Beamter muss man sich dann erst im Alter auf seine eigene Karriere konzentrieren – materiell sorgenfrei, weil berentet. Die Pensionierung als weiches Ruhekissen für die Sololaufbahn. Und das heute, in Zeiten so genannter „prekärer“ Arbeitsverhältnisse – schöne alte Welt, oder?

  4. Na ja, so einfach ist das wohl nicht. man ist aber auch immer nur Teil des Kollektivs und steht da nie mit seinem eigenen Namen; genau wie bei den Studiomusikern. Und meistens sind diese Leute super Musiker…

    Das Prekariat btw hat sich diese „Lebensform“ (und nicht nur in der Musik) meistens selbst gewählt. Wer den Luxus haben will, morgens um 10 noch nicht arbeiten zu müssen, soll sich nicht über geregelte Verhältnisse beschweren. Entgegen unserer Werbeindustrie kann man eben doch nicht ALLES haben ;-)

    Und übrigens finde ich es prima, wenn Lisa mit der WDR BB musiziert. Kannst ruhig ein bisschen stolz sein, Lisa. Ich bin gespannt auf die Musik…