viral/postviral: Neues Interview im Blog

BRD (Karte)viral/postviral viral/postviral[/caption]Die Not ist groß, die Perspektiven, die sich aus der Krise ergeben, sind vielfältig. Im dritten und abschließenden Teil des Roundtables, „Stolpersteine“, mit den Musiker*innen Julia Hülsmann und Nils Wogram, mit den Veranstaltern Steffen Wilde vom Dresdener Jazzclub Tonne und Norbert Oberhaus von der Kölner c/o pop, mit Stefanie Marcus vom Label Traumton Records und unserem Autor und Redakteur Martin Laurentius als Medienvertreter über die Folgen von Corona und Lockdown für den Jazz und seine Umgebung geht es um einen Blick in die Zukunft und über den eigenen Tellerrand hinaus. Und es geht um so grundsätzliches wie um Solidarität – in der Jazzcommunity ebenso wie in unserer Gesellschaft.

„Wir haben ja in Köln mit der ClubKomm seit vier Wochen ein Solidaritätsstreaming aufgesetzt. Damit konnten wir für die Clubszene 35.000 Euro Spenden einsammeln. Das drittelt sich in jeweils 33 Prozent für den Club, die Künstler und Künstlerinnen sowie die Produktion. Das ist nicht viel, aber besser als nichts. Es funktioniert aber nur aus dem Solidaritätsgedanken heraus“, berichtet Oberhaus. Marcus greift diesen Gedanken auf und fordert: „Die gelungenen Ansätze von Solidarität finde ich teilweise bemerkenswert. Wichtig ist mir aber auch, dass wir mal über die Grenzen gucken, wie die Situation in den USA, Brasilien, Spanien, Italien und an den EU-Außengrenzen ist. Bei aller Not, die hier nachvollziehbar von allen Beteiligten formuliert wird, haben wir es doch im Vergleich zu anderen Ländern wahnsinnig gut. Das muss man auch mal richtig laut sagen.“

Um solidarisches Handeln geht es auch im Interview mit Seth Rosner vom New Yorker Avantgarde-Jazz-Label Pi Recordings: „Liebe in Zeiten von Covid-19“. Mit der Streaming-Reihe „This Is Now – Love In The Times Of Covid 19“ ist Rosners Firma eines der ersten Labels, das aktiv auf die Corona-Pandemie reagiert. Die ersten beiden Online-Veröffentlichungen sind Steve Lehmans „Xenakis And The Valedictorian“ und Vijay Iyers und Mike Ladds „InWhatStrumentals – Music From In What Language?“. „Wir haben hier niemanden, an den wir unsere Klagen richten könnten“, hebt Rosner hervor. „Die Politik, speziell die aktuelle Regierung, hat nicht viele Sympathien für Jazzmusiker. Um fair zu sein, gibt es einige Organisationen, die neue Programme und Stipendien aufgelegt haben, aber es sind viel zu viele Musiker für so wenig Geld. Die Höhe der Hilfe, die sie kriegen können, ist verschwindend gering im Vergleich zu den Verlusten, die sie erleiden.“

Wegen der dramatischen Situation durch die Corona-Pandemie und den Lockdown, von der auch und gerade viele Jazzmusiker*innen in den USA und vor allem New York existenziell betroffen sind, hat sich Rosner entschlossen, vorerst keine regulären Alben auf seinem Label zu veröffentlichen und stattdessen mit This Is Now – Love In The Times Of Covid 19“ die Jazz-Community direkt zu unterstützen. „Es wird genau in diese beiden Richtungen gehen. Aufnahmen, die ein Album hätten werden sollen, und spontane Einspielungen, die aus der gegenwärtigen Situation heraus entstehen. Es ist interessant, wie unterschiedlich die Musiker auf die Herausforderung reagieren“, sagt Rosner. „Wir wollen ein Zeichen setzen, dass Hilfe möglich ist. Im besten Fall können wir alle gemeinsam wachsen. Es wäre entsetzlich, wenn wir uns nach dieser Krise nicht verändert hätten. Als Gesellschaft, als Land, als Kultur und als Business. Nicht zuletzt als Menschen.“

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Martin Laurentius
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openstreetmap.org (CC BY-SA)

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