Gästeliste
Liebe Freunde der gepflegten Unterhaltungsmusik,
Gestern lief ich mit meinem Freund Paul die Straße entlang und wir unterhielten uns. Ich klagte, dass ich morgen einen Blog fertig haben müsste und dass ich immer noch nicht wüsste, worüber ich schreiben soll. Über unseren letzten Auftritt in Polen, wo wir auf einer hell erleuchteten Bühne mit Redner und Blumengesteck einen eher außergewöhnlichen, weil komplett durchgedrehten Abend erlebten, oder über den eigentlich schon vollends runtergewirtschafteten „Schlagerstar“, für den ich gerade Lieder schreibe, um meine Kinder zu ernähren, oder oder oder…
Paul meint: Polen geht nicht, weil das keinen interessiert, und „Schlagerstar“ kann ich nicht bringen, weil meine Kinder dann bald nichts mehr zu essen hätten.
So.
Ich also aufgeschmissen, weil ich auch die letzten Wochen circa einmal Musik gehört habe und mich sonst der Nobu-Killervirus in den Klauen hielt. Und das eine Mal war nicht einmal Jazz, sondern „Chaka Kahn and Rufus, live“, eine absolut geniale Platte, die ich mir gerade auf eBay gekauft habe. Diese Scheibe kann ich nur weiterempfehlen. Ich finde, Chaka Kahn war nie wieder so gut wie mit Rufus!!!! Man findet sie auf gut sortierten Flohmärkten, allerdings nur auf Vinyl. Letztens unterhielt ich mich mit einem Drummer aus L.A. (ja, oh ja, auch ich kenne coole Menschen aus Amerika!) und der hat erzählt, dass Chaka Kahn auch irre gut Schlagzeug spielen würde. Toll.
Ich latschte also mit Paul durch den Kreuzberger Regen und Paul sagte zu mir: „Das Thema Gästeliste solltest du mal ansprechen in diesem Blog, den du da immer schreibst.“
„Wie?“ entgegnete ich, „was gibt es denn darüber zu schreiben?“
„Na ja“, sagte Paul „wie das so ist, wenn man abends ein Konzert hat und einen dann in der letzten Minute immer noch 1000 Leute anrufen, die auf die Gästeliste wollen.“
„Hmmm, ja, vielleicht hast Du recht“, meinte ich, „aber was soll man darüber denn anderes schreiben, als dass immer 1000 Leute in letzter Minute anrufen und auf die Gästeliste wollen und das total abnervt und so?“
„Stimmt“, sagte Paul, „kein gutes Thema.“
Und so flanierten wir weiter durch den Berliner Graupel, kein Thema für einen Blog weit und breit, wir liefen Richtung Ewigkeit.
Mit diesen Worten möchte ich schließen, liebe Gemeinde, und ich hoffe, wir lesen bald wieder voneinander.
Alles Liebe
Lisa Bassenge
Stimmt, Polen ist kein gutes Thema. Nicht, weil es keinen interessieren würde. Nein, der Pole „an und für sich“ scheint zu stolz zu sein, als dass man ihn zum Thema eines Blogs machen dürfte. Ich erinnere an den „Kartoffel“-Streit im vergangenen Jahr, der durch die taz initiert wurde und für einigen diplomatischen Wirbel zwischen Polen und Deutschland sorgte. Oder mein Kollege Laurentius, der mir kürzlich erzählte, dass ihm der Veriss einer CD in „Homegrown“ den Vorwurf eingebracht hätte, das polnische Volk in Gänze beleidigt zu haben – bis hin zu einem anonymen Anrufer auf seinem AB, der ihm Einreiseverbot nach Polen erteilte und mit der „Russenmafia“ (sic!) drohte. Stattdessen lacht man sich in Polen viel lieber über einen Kommödianten und Soap-Darsteller aus Deutschland kaputt, der sich mit deutschem Akzent durch das Polnische radebrecht. Verkehrte Welt…
Es grüßt:
Laura Beneck