Eugen Cicero
Rokoko-Jazz
(MPS/edel)
Rund sechs Jahre nach den „Play Bach“-Sessions des französischen Pianisten Jacques Loussier machte ein anderer Künstler mit verjazzten Klassik-Interpretationen Furore: „Rokoko Jazz“, das 1965 aufgezeichnete MP-Platten-Debüt des rumänischen Tastenvirtuosen Eugen Ciceu, der seinen Nachnamen in Cicero umwandelte, war auf Anhieb ein Erfolg. Im Kontrast zu dem mitunter strengen Pathos der Barockmusik strebten die Komponisten des Rokoko eine luftigere, leichte Musik an. Schon Ciceros spritzige, im schnellen Tempo gebotene Interpretation von Carl Philipp Emanuel Bachs „Solfeggio c-Moll“ oder seine nicht weniger rasante Version von Domenico Scarlattis „Sonate C-Dur“ lassen aufhorchen: Mit gefühlvollem Anschlag kreiert er Improvisationen von phänomenaler Dichte, die an den Giganten Art Tatum erinnern. Der Drive des Leaders springt auch auf Peter Wittes wuchtige Basslinien und Charly Antolinis swingende Beats über. Zum Ausklang setzt Cicero mit seiner Bach-Adaption noch einen Akzent: Nach dem feierlichen Einstieg von „Erbarme dich, mein Gott“ verleiht er der Arie aus Johann Sebastian Bachs Matthäus-Passion einen im Modern Jazz verwurzelten Blues-Touch.