Ingrid Laubrock
Dreamt Twice, Twice Dreamt
(Intakt/Harmonia Mundi)
Jahrelang hat die Saxofonistin Ingrid Laubrock ihre nächtlichen Träume aufgeschrieben. Nun hat sie versucht, sich in die Notate einzufühlen und „aus diesem Zustand zu komponieren“. Entstanden ist eine beklemmende „Traummusik“ im tiefenpsychologischen Sinn: surreal, vielschichtig, unberechenbar, irritierend. „Die Träume befreiten mich von allen Zwängen konventioneller Form“, erklärt Laubrock. Ihre Traumstücke gibt es in zwei Versionen – CD 1 im großen Format mit dem EOS Kammerorchester, CD 2 mit kleiner Band. Die Kerngruppe in beiden Aufnahmen bildet Laubrock selbst (an Tenor- und Sopransaxofon) zusammen mit Cory Smythe (Klavier) und Sam Pluta (Elektronik). Zum Teil unterscheiden sich die beiden Versionen der Stücke stark – einzelne Teile wachsen an, andere schrumpfen. Alle Abläufe und Episoden hier klingen im Jazz-Sinn „frei“, folgen aber spürbar kompositorisch-konzeptionellen Ideen. Da trifft Halbtonskala auf Mikrotonalität, dann wieder spielt das Orchester in drei Tempi parallel. Einmal mehr erweist sich Laubrock als große Visionärin der Gegenwartskunst. In ihren Klang gewordenen Träumen rumort viel absurde Realität. Man sollte sie hellwach hören.