RIP: Jimmy Scott

Ist am 12.6. gestorben: Jimmy ScottJimmy ScottAls er geboren wurde, nannte man ihn James Victor. Das war am 17. Juli 1925. Jimmy Scott wuchs in einer kinderreichen Familie auf und nach dem frühen Tod seiner Mutter bei Pflegeeltern. Er litt an einer seltenen Erbkrankheit, dem sogenannten Kallman-Syndrom, und profitierte davon mit seiner Stimme. Sein Körper stellte noch vor dem Stimmbruch jedes Wachstum ein. Es heißt, dass „Little“ Jimmy Scott medizinische Abhilfe nie wirklich in Anspruch nahm, um seine Stimme nicht zu verlieren. Es heißt weuter, dass man ihn für eine Frau in Männerkleidern hielt, und dass er gegen das schwule Image mit zahlreichen Frauenaffären anging. Und mit Alkohol; viel Alkohol.

„I Wish I knew“ war in den 1940er-Jahren ein Hit, den er auf einer Lionel-Hampton-Platte sang, „Don’t Take Your Love From Me“, „Talk Of The Town“: das waren die „Biggies“ für ihn, die wirklich großen Songs. Mitte der 1950er-Jahre unterschrieb er einen Plattenvertrag bei Savoy Records, und damit begann „der harte Teil“ für ihn, wie sich Scott später im Gespräch mit dem Autor erinnerte. Denn Savoy wollte aus dem Balladensänger Jimmy Scott einen Rock‘n'Roll-Sänger machen; ein ständiger Kampf begann. Nie habe er bei Savoy einen Song so gestalten können, wie er es wollte, und bezahlen hätte die Plattenfrima auch nicht gewollt. Auf der 1955 veröffentlichten Sayoy-Platte „Little Jimmy Scott“ spielte auch Charles Mingus mit. Doch Mingus habe einfach nicht verstehen können, was da vor sich ging, berichtete Scott rückblickend, denn er sang zu langsam für ihn.

Knebelverträge, Platten, die nicht veröffentlicht wurden, Aufnahmen, die nicht gemacht werden durften, ob nun bei Savoy oder später bei Atlantic: Scotts Karriere repräsentiert ökonomisch gesehen den Normalfall für einen Afroamerikaner jener Zeit. Er hat erfahren, was Rassismus und Ausbeutung im Musikbusiness heißen kann. Jahrzehntelang trat er dann nur noch in der Gegend um Cleveland auf. Erst in den 1980er-Jahren ging es dann wieder aufwärts, Lou Reed nahm ihn mit auf Tour und Scott nahm auch noch einige schöne Platten unter eigenem Namen auf. Ein Job als Nachtportier in einem Hotel war übrigens lange Zeit die Existenzgrundlage des Mannes, den die „New York Times“ mittlerweile zum Jahrhundertsänger ernannt hat und über den Ray Charles sagte, er habe mit seiner Art zu singen definiert, was Soul tatsächlich ist. Am 12. Juni ist der große Balladensänger Jimmy Scott in seinem Haus in Las Vegas an Kreislaufversagen gestorben. Er wurde 88 Jahre alt. Text: Christian Broecking

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Milestone Records

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