Noa
Afterallogy
(Naïve/Soulfood)
PRO
Wie schön und praktisch, ein Tonstudio im Keller zu haben – gerade in Coronazeiten. Die israelische Sängerin Noa hat so ein Studio daheim und es nun auf wunderbare Weise genutzt. Wie immer mit dabei war ihr Landsmann, der Gitarrist Gil Dor. Nur zu zweit begibt sich das langjährige musikalische Team auf eine intime und zarte Reise durch das Repertoire des „Great American Songbook“. Nur mit Noas facettenreicher Stimme und Dors so warm tönender Gibson L5. Zauberhaft koloriert Noa die Textzeilen der Ohrwürmer von Cole Porter, Hart/Rogers, Leon Russell, Sondheim/Bernstein oder Billy Strayhorn. Sanft umschmiegen die Gitarrenakkorde den farbenreichen, glasklaren Gesang. So ist „Afterallogy“ ein wunderschönes Album geworden, wie gemacht für die aktuell vielen Abende daheim. Ein Album, das mit dem von Noa geschriebenen Lied „Eyes Of Rain“ das Herz ganz besonders berührt.
Christoph Giese
Kontra
Wenn Noa und Gil Dor sich „Anything Goes“ oder „Lush Life“ widmen, dann ist es kaum zu verhindern, dass zum Beispiel Ella und Joe Pass als Ahnen am Duo-Firmament erscheinen, die einst einen Maßstab künstlerisch pointierter Jazz-Intimität gesetzt haben. Hört man dann Noas üppige Direktheit des Gesangs und Gil Dors stilistischen Formalismus beim Gitarrenspiel, wird schnell klar, dass beide ihre Reise noch vor sich haben. An den technischen Kompetenzen liegt es nicht. Die eine ist eine ausgezeichnete Sängerin mit ausgebildetem Stimmvolumen und dramaturgischem Gestaltungswissen. Der andere kennt sein Griffbrett und die potenziellen Kniffe der Phrasierungen. Und doch bleibt ihre Musik ein Sound der Oberfläche. Sie singen, spielen, was da steht, und nicht, was geht. Das macht „Afterallogy“ vorhersehbar, ein Duo wie aus dem Lehrbuch. Ein weiter Weg.
Ralf Dombrowski