Christopher Dell
Alterity Stream
(edition niehler werft/christopher-dell.de)
Gewöhnlich bevorzugt Christopher Dell (55) die kleinen Besetzungen, vor allem Trios. Nun aber hat der Vibrafonmeister und Improvisationsguru eine Aufnahme aus dem Archiv geholt, die ziemlich anders klingt. Auf „Alterity Stream“ aus dem Jahr 2000 spielt ein Oktett, das an ein Kammerorchester erinnert. Das damalige Theo Jörgensmann Quartet mit Jörgensmann (Klarinette), Dell (Vibrafon), Christian Ramond (Bass) und Klaus Kugel (Schlagzeug) wurde dafür durch vier klassische Bläserspezialist/-innen ergänzt (Camilla Hoitenga, Anja Schmiel, Bernhard Kösling, Christine Chapman). Gedacht war das ambitionierte Projekt als eine Auseinandersetzung mit dem Third-Stream-Gedanken der 1950er-Jahre (aus diesem Impuls entstand um 2000 auch das Label Between The Lines). Dells Kompositionen entfalten zunächst eine spannende, dynamische neue Musik für Bläserstimmen. Erst ab dem vierten Stück kommt die Jazzband (Trio bzw. Quartett) improvisierend hinzu und übersetzt die elaborierte Tonsprache ins Spontane. Nur wenige Stücke („Oleaster“, „Vektoren“) würde man vom ersten Ton an dem Jazz zuschlagen – doch fesselnd ist das ganze genreübergreifende Album. Danke für diese Ausgrabung!