Jazzbaby
A Tamed Tigers Roar
(enja/edel)
Schwarzes Loch oder Kreativitätsschub: Es gibt verschiedene Wege, der Pandemie-bedingten Isolation und Untätigkeit zu begegnen. Letztere Variante wählten Stefanie Boltz und Christian Wegscheider. Ihr gemeinsames Jazzbaby erblickte zu Beginn des Lockdowns das Licht der Welt. Wobei der Terminus „Jazz“ für den Sprössling schon wieder in die Irre führt. Nicht nur „Four Weeks“, das erste Stück ihres Debütalbums, klingt eher antijazzig, wie ein klassisch geprägtes Kunstlied. Die gemeinsame Losung lautet: keine Konventionen, keine Stilgrenzen. Die Münchner Vokalistin und der aus Südtirol stammende Pianist/Akkordeonist, eine Art Allzweckwaffe im Pepe Lienhard Orchester sowie in Willi Resetarits‘ Stubnblues, hatten einfach Lust auf das Unvorhergesehene. Mal reiben sich Gesang und Piano aneinander, dann kuscheln sie miteinander. Das Pendel schlägt zwischen Chanson, Singer-Songwriter, Blues, Kammer- und Filmmusik und irgendwo noch Jazz aus, ab und an angereichert mit Prologen eines Cellos, einer Flöte und einer Bassklarinette. So faucht also ein gezähmter Tiger. Ein Kätzchen muss er deshalb längst nicht sein.