Henning Neidhardt Trio
Mit Farben spielen
Mit „First Of The Roll“ (Double Moon/Bertus) steht wieder einmal ein Pianotrio im Mittelpunkt der „Jazz thing Next Generation“-Reihe. Doch das Trio des Essener Pianisten Henning Neidhardt ist genau genommen weit mehr als das, denn es baut subtil, aber bestimmt auch eine Vielzahl elektronischer Elemente in seine Musik ein. Das ergibt einen stimmigen Modern Jazz, wie er eben nur in unserer Zeit entstehen kann.
Henning Neidhardt, der 1992 in Bocholt geboren wurde, hat schon früh mit dem Klavierspielen angefangen. Im Rahmen seiner musikalischen Ausbildung gab es einen frühen Ahamoment. „Nach drei Jahren Klavierunterricht stand ‚The Entertainer‘ auf dem Programm, das war etwas ganz anderes als Mozart“, kann Neidhardt sich noch gut erinnern. „Ich wechselte zu einem Lehrer, der mehr auf Jazz und Pop spezialisiert war, und hatte mein Betätigungsfeld gefunden. Da hat man zum Beispiel gelernt, wie ein Akkord aufgebaut ist, was in der klassischen Schule nicht vorkommt.“
Unter anderem die Plattensammlung des Vaters trug schon früh dazu bei, dass der kleine Henning sich für Musik begeisterte – der Weg zum Jazz hatte dann einen eher skurrilen Auslöser. „Irgendwann sahen wir eine Werbung von der Frauenzeitschrift Brigitte, die auf eine CD-Beilage aufmerksam machte“, erzählt Neidhardt, „im Hintergrund lief Ella Fitzgerald. Die wollte ich unbedingt haben, das war dann meine erste Jazz-CD. Als Nächstes habe ich mir Charlie Parker gekauft und fand ihn super.“
Nach dem Studium in Amsterdam, Enschede und Essen, wo unter anderen Karel Boehlee, Sebastian Altekamp, Thomas Rückert und Ryan Carniaux zu seinen Lehrern zählten, gewann Neidhardt kurz vor seinem Examen auch noch den Steinway and Sons Förderpreis Jazz. Vom Pfad der reinen Lehre war Neidhardt da allerdings schon abgewichen. „Bis dahin hatte ich immer versucht, ein Bebop-Spieler zu sein“, erzählt der Pianist, „bis ich dann so ehrlich zu mir war, dass ich das gar nicht bin. Ich bin mehr jemand, der mit Farben spielt.“
Auf dem Weg dahin hatten ihm seine Triopartner geholfen. Der Bassist Duy Luong und der Schlagzeuger Karl F. Degenhardt haben ebenfalls in Essen studiert, und schnell fanden die drei eine gemeinsame musikalische Haltung.
„Wir müssen jetzt nicht Rhythm Changes auf 300 bpm spielen, sondern es ist in Ordnung, wenn man viele Balladen spielt und sich Platz lässt“, beschreibt Neidhardt die Essenz dieser Erkenntnis. „Schließlich haben wir auch begonnen, Elektronik in unsere Musik einzubauen.“
„First Of The Roll“ führt all diese musikalischen Einflüsse zusammen. Von der Ballade „Mild“ des dänischen Gitarristen Jakob Bro – „auch ein sehr farbenreicher Musiker, der wenig spielt, aber eben dabei total stark klingt“ – über ein Uptempo-Stück wie „The Cleaners“ bis zu Improvisationen, bei denen Synthesizer und elektronische Drums die Hauptrolle übernehmen, entfaltet sich ein Kaleidoskop von Klängen, denen man konzentriert lauschen, in denen man sich aber auch verlieren kann. Die meisten Songs gehen ineinander über und geben dem Album eine innere Dramaturgie, die tatsächlich ihresgleichen sucht.
„Ich mag es, wenn ein Album von vorne bis hinten rund klingt“, findet Neidhardt. „Mir gefallen auch die vielen verschiedenen Einflüsse. Es gibt ein Stück wie ‚Epilogue‘, das eigentlich nur aus Dreiklängen besteht, und dann diese Ebene der elektronischen Klangwelten. Man kann mit dem Kopf zu einem coolen Groove nicken, man kann sich aber auch von träumerischen Klängen davontragen lassen. Das Drumsolo auf ‚Featuring‘ hat fast schon etwas von Hip-Hop.“
Das hat natürlich auch mit der Qualität von Neidhardts musikalischen Mitstreitern zu tun. Der Vietnamese Duy Luong ist so etwas wie das Fundament der Band. „Auf Duy kann man sich immer verlassen: Der weiß immer, wo wir sind“, charakterisiert der Bandleader seinen Bassisten. „Wenn ich schon einmal die Form drehe und eine Vier für eine Eins halte, dann sagt er: ‚Das stimmt nicht, Henning, aber ich mach mit.‘ Er ist sehr genau, aber auch sehr gütig. Das mag ich an Bassisten sowieso, dass sie eine gewisse Ruhe ausstrahlen, und das hat Duy auch total.“
Auf seinen Schlagzeuger lässt Neidhardt ebenfalls nichts kommen. „Karl ist ein wahnsinniger Schlagzeuger, das habe ich sofort an ihm geschätzt“, stellt der Pianist klar. „Er ist aber vor allem ein sehr künstlerischer Mensch. Es geht nicht darum, dass er seine Chops auspackt, obwohl er technisch auf einem unglaublichen Level spielt. Aber er macht es eben nicht die ganze Zeit, sondern nur, wenn der Song es wirklich braucht. Karl sieht immer die Schönheit in der Musik.“
Auf Grund der unsicheren Live-Situation:
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