Die Wahrheit über Monk
Wer etwas über Jazz erfahren will, liest natürlich „Jazz thing“, das Magazin meines Vertrauens. Aber die Konkurrenz schläft nicht. Die Zeitschrift „Intro“ verriet gerade ihren Lesern in drei Sätzen alles über Thelonious Monk. Da erfährt man nicht nur, dass der Pianist in der „Szene rund um Tortoise“ tiefe Spuren hinterlassen habe, sondern auch Folgendes: „Sein sparsames, perkussives Klavierspiel unterschied sich vom Bebop, den er als ‚expressives Gedudel‘ ablehnte.“
Das ist großer, investigativer Musikjournalismus. Nie, niemals war ich bisher diesem Monk-Zitat begegnet – und ich habe wirklich einige Bücher über ihn gelesen! Ausgerechnet Thelonious Monk also, den wir immer für den „Mitbegründer“, „Hohepriester“ und „Ur-Motor“ des Bebop hielten, hat sich in Wahrheit von diesem Stil distanziert – er, dem so schwer überhaupt klare Statements zu entlocken waren!
Zu gerne wüsste ich, welche reichen, apokryphen Quellen dem „Intro“-Mitarbeiter da zur Verfügung standen. Hat er vergessene Studiobänder abgehört? Alte Weggenossen Monks befragt? Sich durch verstaubte Zeitungsarchive gewühlt? Und all diese Mühen nur für eine Randnotiz in „Intro“! Da beweist sich wahre Jazzliebe. Respekt.
Für unser völlig neues Monk-Bild wäre natürlich auch wichtig zu erfahren, in welchem Zusammenhang der Pianist diese Worte gesagt hat, in welchem Jahr, in welchen englischen Worten. Denn wie leicht können sich da Übersetzungsfehler und falsche Nuancen einschleichen! Nannte Monk den Bebop etwa „expressive doodling“? Das englische Wort „expressive“ klingt viel zu positiv. Wie wäre es mit „furious“, „fierce“, „boisterous“? Vielleicht hilft Google weiter. Auf einer Seite über die Isle of Man finde ich schließlich: „One Irish monk, doodling on his manuscript, wrote: The wind is boisterous tonight.“ Und ich spüre: Ich bin der Wahrheit ganz nahe.
Pit Huber