Iiro Rantala
Veneziana
(ACT/edel)
PRO
Iiro Rantala ist ein Schöngeist und hat von Black Sabbath bis Leonard Bernstein schon viele musikalische Baustellen beackert. Da kann man sich freuen, dass er sich jetzt um Venedig kümmert, denn die Serenissima steht nicht umsonst für Heiterkeit, Ruhe und Gelassenheit. Folglich hat der finnische Pianist, ohne einem mit aufdringlichem Humor auf die Nerven zu gehen, Monteverdi, Mozart, Casanova, Vivaldi und Sibelius durch die Stadt in der Lagune streunen lassen. Mit Streichern und Bläsern der Berliner Philharmoniker, darunter die Oboistin Sofia Zamora Meseguer und die Fagottistin Selim Aykal, hat Rantala zehn Mitstreiter/-innen gefunden, die seine leicht und locker klingenden, beileibe nicht einfach zu spielenden Kompositionen vitaminreich umzusetzen verstehen. Beim Konzert im Großen Saal der Berliner Philharmonie, bei dem das Album mitgeschnitten wurde, wäre man gerne gewesen.
Rolf Thomas
KONTRA
Süß, süßer, Rantala! Ja, der finnische Pianist Iiro Rantala kann Klassik, das hat er schon oft bewiesen. Und er kann es sogar gut. Aber muss die neuerliche Verbindung von Jazz und Klassik à la Rantala in einem süßlichen Schaumbad gipfeln, bei dem man am Ende nicht mehr weiß, ob man sich Seife oder Schlagsahne aus den Poren spülen muss? Wie der Titel schon andeutet, ist dieses Album des Pianisten mit Mitgliedern der Berliner Philharmoniker eine Hommage an Venedig. Aber mehr Klischee geht nicht. Das ist ein Biedermeier-Venedig mit Champagner auf dem Markusplatz und Belcanto im Canale Grande. Der nordische Traum von einer Stadt im Süden, welchem deren stinkende Kanäle und marode Palazzi selbst nie gerecht wurden. Nach dem überzuckerten Genuss dieses Albums packt einen intuitiv das Verlangen, Nicolas Roegs Horrorstreifen „Wenn die Gondeln Trauer tragen“ anzuschauen.
Wolf Kampmann