Michel Martelly: Neuer Präsident Haitis
Am Dienstag ist Michel Martelly in Haiti als Sieger aus den Präsidentschaftswahlen hervorgegangen. Das allein wäre auf diesen Seiten keine nennenswerte Meldung, doch Martelly gilt in seiner Heimat als der beliebteste Sänger überhaupt. Dennoch dürfte kaum ein Aficionado der globalen Musik seine mehr als ein Dutzend Scheiben im Schrank stehen haben, da sie in Deutschland nur über Import zu haben sind. Martelly, der vor allem bei der Jugend punktet und den sie auf der Insel alle nur „Sweet Micky“ rufen, ist ein Vertreter des Compas, der populären Musik Haitis, die mit ihrem gemächlichen Rhythmus aus kolonialen Tänzen hervorging. Dabei hat er den Compas von den Big-Band-Arrangements entkleidet und stellte ihn mit Keyboards und Drum-Maschinen in einen neuen Kontext, spielt auch mit Salsa-, Soca- und Jazzelementen.
In seinen Texten greift er immer wieder gerne auf soziopolitische Kommentare in Form von humoresken Einlagen zurück. 1997 arbeitete er mit Wyclef Jean für dessen Album „Wyclef Jean Presents The Carnival“ zusammen. Für seine politischen Aktivitäten wurde Martelly von seinen Fans oft kritisiert: Er stand dem ehemaligen Polizeichef und dem Militär sehr nahe, war mit dem letzten Präsident Reval befreundet, engagiert sich aber auch im Kampf gegen AIDS und Umweltverschmutzung. Ganz gleich, ob er Talente für die Staatsführung hat oder nicht, der 50-Jährige wird während seiner Amtszeit im von wirtschaftlichem Niedergang und Katastrophen gebeutelten Haiti gewaltige Probleme lösen müssen.