Videopremiere: e.s.t. Symphony
Auf dem Titel der nächsten Ausgabe von Jazz thing, die ab dem 29. Oktober am Kiosk ist, ist das Foto der drei Musiker des Esbjörn Svensson Trios (kurz: e.s.t.) zu sehen. Das mag auf den ersten Blick verwundern, ist doch der Leader und Pianist Esbjörn Svensson am 14. Juni 2008 bei einem tragischen Tauchunfall tödlich verunglückt. Aber der Anlass, an dieses vielleicht stilbildendste Jazz-Piano-Trio des beginnenden 21. Jahrhunderts mit einer Titelgeschichte zu erinnern, macht Sinn: Das vom einstigen Manager des schwedischen Trios, Burkhard Hopper, vor einigen Jahren initiierte Live-Projekt „e.s.t. Symphony“ ist Mitte Juni mit einem 90-köpfigen Orchester unter der Leitung von Hans Ek, den beiden langjährigen Svensson-Freunden und Mitmusikern Dan Berglund (Bass) und Magnus Öström (Drums) sowie den Gästen Iiro Rantala (Piano), Marius Neset (Saxofon), Verneri Pohjola (Trompete) und Johan Lindström (Pedal-Steel) aufgenommen worden und erscheint unter eben diesem Titel jetzt auf CD.
Mögliche Bedenken, dass mit diesem Orchesterprojekt mit der Musik von e.s.t. im Mittelpunkt noch einmal „Kasse“ gemacht werden soll, räumt Öström im Gespräch mit dem Jazz-thing-Autor Stefan Hentz beiseite: „Bei der allerletzten Probe vor Esbjörns Tod, vielleicht eine Woche bevor wir auf eine US-Tour gehen sollten, probten wir einige neue Sachen, und ich sagte zu Esbjörn, dass sich das irgendwie größer anhört und dass wir das mal mit einem Orchester probieren sollten“, erinnert sich der Schlagzeuger: „Und er sagte, er habe auch schon daran gedacht. Das war so ziemlich das Letzte, worüber wir gesprochen haben. Deshalb fühlte es sich dann so richtig an, wie etwas, das wir schon immer vorhatten.“ Mit dem klassisch ausgebildeten Dirigenten, Komponisten und Arrangeur Ek, einem Studienfreund von Berglund, ließ sich ein Meister orchestraler Farben und Klänge von der Idee überzeugen, die e.s.t.-DNA orchestral zu entschlüsseln und einen neuen Klangkörper zu erschaffen. „Svensson spielte ja keine Bebop-Phrasen oder so etwas. Er schlägt auch im Trio viel weitere Bögen, und das ist etwas, was sehr gut zum Symphonieorchester passt. Wenn man ihn spielen hört, dann entwickeln sich seine Improvisationen in fast schon symphonischen Proportionen. Das macht den klassischen Charakter seines Spiels aus“, erzählt Ek. „Man hört sofort, dass Esbjörn viel klassische Musik hörte, Komponisten wie Debussy, Impressionisten. Schostakowitsch war einer seiner Lieblingskomponisten, und das, was er an klassischer Musik hörte, versuchte ich aufzugreifen.“
Eine Woche vor der Veröffentlichung der CD „e.s.t. Symphony“ (ACT/edel) am 28. Oktober zeigen wir mit JAZZthing.TV in den Jazz thing News exklusiv ein „Making Of…“ dieses Orchesterprojektes als weltweite Videopremiere. Dieses Video gibt den Blick frei in den Entstehungsprozess dieses Projektes: wie Ek den Triostücken aus dem e.s.t.-Bandbook, deren Kraft und Experimentierfreude auch und gerade in der kammermusikalischen Besetzung begründet war, kongenial der sinfonischen Musik öffnet, wie sich die verbliebenen e.s.t.-Musiker Berglund und Öström mit ihrem einstigen Manager Hopper darüber freuen, einen adäquaten Rahmen gefunden zu haben, um an ihren verstorbenen Freund Esbjörn Svensson zu erinnern. Magnus Öström: „Du lebst die ganze Zeit mit der Erinnerung, aber das gibt dir zusätzliche Energie und Entschlossenheit, dieses Projekt wirklich gut zu machen, für uns und für Esbjörn. Auf eine Art möchte ich ihn stolz machen. Es ist seine Musik, es sind seine Kompositionen, und ich weiß, dass er das geliebt hätte. Nun sitzt er irgendwo und denkt: Mist, warum kann ich nicht dabei sein? Ich hoffe, er kann es irgendwo hören.“