Film-Doku: Brothers & Others
Im November startet offiziell der neue Dokumentarfilm „Brothers & Others“ über die Brüder Matthias, Johannes und Conny Bauer, die als Schlüsselfiguren den ostdeutschen Free Jazz prägten. Anlässlich der diesjährigen Verleihung des „Albert Mangelsdorff Preises“ an Conny Bauer am 5. November im Rahmen des diesjährigen Jazzfests Berlin ist der gut einstündige Film von Winfried Bettmer und Hermann Peseckas noch bis zum 9. November kostenfrei in der Mediathek der Berliner Festspiele zu sehen. „Brothers & Others“ wird eingerahmt von einem Konzert des Quartetts Bauer 4 mit den drei Brüdern plus Conny Bauers Sohn Louis Rastig am Klavier, das von 2006 bis 2016 bestand. Sehr ruhig befragt der Film die Brüder an verschiedenen Orten: im Tonstudio, in der Wohnung, auf dem Weg zu Festivals, wie Peitz oder Nickelsdorf. Dazwischen hört man die Brüder einzeln oder gemeinsam spielen. Die improvisierte Musik habe ihn fasziniert, so Johannes Bauer. Das sei pure Freiheit gewesen: „Was auch immer Freiheit ist, aber auf der Bühne haben wir sie“. Und so ist der Film auch ein Vermächtnis an ihn, der 2016 im Alter von 62 Jahren starb.
Aufgewachsen in einer protestantischen Pfarrersfamilie, spielten die Bauer-Brüder im Kirchen-Posaunenchor protestantische Choräle, aber auch bei Hochzeiten und Beerdigungen. Conny Bauer war der erste, der nach Ostberlin zum Studieren ging. Um an der Hochschule Hanns Eisler angenommen zu werden, brauchte man kein Abitur und so ging jeder der Brüder bereits nach der 10. Klasse nach Berlin, gerade 16 oder 17 Jahre alt, und tauchten in die Jazz- und später Free-Jazzszene ein, mit den Gruppen von Ernst-Ludwig Petrowsky und der Ulrich Gumpert Workshop Band. Als Musiker, so Conny Bauer, habe man das Privileg gehabt, sich einen eigenen Raum zu schaffen, „nach 61 (dem Jahr des Mauerbaus), in so einem überwachten System.“ Auch die Westkontakte seien für die Musik zentral gewesen, die Konzertreihen der FMP wie das Total Music Meeting und der Workshop Freie Musik, wo Peter Brötzmann spielte. Oder die Jazz Jamboree in Warschau, wo Conny Bauer von Roland Kirk so überwältigt war, dass er danach Zirkularatmung trainierte, um keine Atempausen mehr machen zu müssen.
In den Anfängen, so Conny Bauer, hätten sie sich ihre Konzerte selbst organisiert, abseits der offiziellen „Konzert- und Gastspieldirektion“, in Kulturhäusern der „Provinz“. Da habe es ja noch kein Telefon gegeben und alles lief über Postkarten. Wenn es eilig war, auch mal ein Telegramm. Sie seien damals in der Gesellschaft ernster genommen worden, weil zu dieser Zeit die Musik auch politisch eine andere Wertigkeit hatte. Das sei heute anders. Und doch bleibe die Liebe und Faszination zu dieser Musik, die sich immer weiterentwickele und jedes Mal anders klinge. Die Aufgabe sei, „das Publikum mitzunehmen durch die Bilder und Landschaften, die man produziert.“ Zuletzt, so Johannes Bauer, bleibe der Traum von einem Ton, der frei im Raum schwebe, unabhängig von einem Grundton, auch wenn dies eine Utopie sei. Nach dem 9. November wird der Film in ausgewählten Kinos gezeigt und kann für 18 Euro als DVD über die Filmwerkstatt Münster erworben werden.
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„Brothers & Others“
Filmwerkstatt Münster