jazzahead!: Programmvorstellung

Julia Kadel TrioJulia Kadel TrioNeben Deutschland stellen die Niederlande als diesjähriges Partnerland den größten Anteil an Künstler/-innen und Bands der jazzahead! in Bremen, die vom 11. bis zum 13. April stattfinden wird. Allein acht Acts kommen aus dem Nachbarland, unter anderem das zwölfköpfige Large Ensemble um die Saxofonistin Kika Sprangers, die als eines der größten Jazztalente ihres Landes gilt, oder Boi Akih, die Elektronik, Orgelklänge und pointierte Rhythmik mit balinesischen Mikrotönen mixt. Der Gitarrist Reinier Baas und der Saxofonist Ben van Gelder sind feste Größen in der Amsterdamer Szene und repräsentieren eine moderne, melodische Improv-Form, während das Marmoucha Orchestra eine Fusion der nordafrikanischen Gnawa-Klänge mit europäischen Klangwelten und Instrumenten bietet.

Diese Acts stehen mit ihren spannenden Ansätzen einerseits für die Vielfalt und Klasse der niederländischen Szene, andererseits aber auch für die große ästhetische und stilistische Bandbreite des gesamten Showcase-Programms. Krachend-laut ist zum Beispiel das nur mit Frauen besetzte Quartett O.N.E. aus Polen, das Lyrik, folkloristische Einflüsse und Songwriting mit wilder Free-Jazz-Energie verbindet. Ebenfalls dabei sind das Open Arms Project um den in Israel geborenen Klarinettisten Oran Etkin, der mit einem Genre-sprengenden Ensemble mit Musiker/-innen aus Brasilien und den USA auftreten wird, oder der ungarische Gitarrist Bálint Gyémánt, der sich mit seinem Trio zwischen eleganten Fusion-Klängen und rohem Punk-Rock bewegt. Die elektronischen Avantgardisten von Antiánima aus Mexiko und der virtuose Fusion-Komplex um Yonglee & The Doltang aus Korea werden zum ersten Mal in Deutschland spielen. „Und zum ersten Mal seit dem Brexit sind wieder verstärkt Bands aus Großbritannien dabei, etwa der junge Pianist Sultan Stevenson aus der Talentschmiede der Tomorrows Warriors oder die Band des schottischen Folk-Jazz-Saxofonisten Matt Carmichael“, freuen sich die Projektleiterin der jazzahead!, Sybille Kornitschky, und der Artistic Advisor Götz Bühler.

Erfreulich ist auch ein hoher Frauenanteil, spielt doch Diversität eine wichtige Rolle auf der diesjährigen jazzahead!. „Es ist ein gutes Zeichen, dass fünf der deutschen Bands von Frauen geleitet werden – und das nicht etwa nur, weil wir es politisch gewollt hätten, sondern weil es die aktuell spannendsten Bands sind“, so Kornitschky. Zu nennen sind unter anderem die Gruppen der Pianistinnen Alexandra Ivanova, Shuteen Erdenebaatar oder Julia Kadel, die Gründungsmitglied der im vergangenen Jahr mit dem „Deutschen Jazzpreis“ ausgezeichneten „Queer Cheer“-Community ist.

Kornitschky und Bühler meinen zudem, wieder stärker eine politische Grundhaltung bei den Bands und Musiker/-innen im jazzahead!-Programm ausgemacht zu haben. Hatte es vor einigen Jahren in Deutschland noch Diskussionen darüber gegeben, ob der Jazz seine politische Haltung verloren habe oder nicht, so soll diese jetzt wieder deutlich hör- und sichtbar sein – wie zum Beispiel beim Saxofonisten Phillip Dornbusch und seiner Band Projektor, deren elektro-akustische Soundwelten eine ebenso klare wie zentrale Antirassismus-Aussage haben sollen. „Wir wollen und müssen klar machen, dass wir diese Diversität feiern, dass wir in Gemeinschaft leben, auch auf der jazzahead!“, sagt Kornitschky: „Wir sehen die Zeichen der Zeit, wollen aber auch Zeichen setzen.“

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Text
Martin Laurentius
Foto
David Dollmann

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