Stefano di Battista
La Dolce Vita
(Warner)
PRO
Der großen Zeit des italienischen Schlagers widmet sich der Saxofonist Stefano di Battista, der allerdings seit drei Jahrzehnten in Paris lebt, auf seinem neuen Album. Musik aus Italien lag dem Italiener auch schon auf „Round About Roma“ und „Morricone Stories“ am Herzen, aber diesmal taucht di Battista tief ein in die Welt der großen Hits. Zu denen zählt natürlich „Tu Vuò Fa L‘Americano“ (man muss nur dreimal „l‘americano“ sagen, dann fällt einem die Melodie ein), Nino Rotas „La Dolce Vita“ (geschrieben für den gleichnamigen Film von Federico Fellini) und das unsterbliche „Volare“. Wer solche Songs für abgegrast hält, der kennt di Battista nicht: Er findet immer einen Weg, neue Perspektiven auf altbekanntes Liedgut zu werfen, und so macht er aus „Volare“ kurzerhand eine sommerliche Ballade, auf der André Ceccarelli reichlich mit den Besen rascheln kann.
Rolf Thomas
KONTRA
Man kann ihn verstehen. Viele Jazz-Musiker/-innen machen auch Weihnachtsalben. Die Verlockungen des Verständlichen sind groß, denn Ohrwürmer reizen zum Kommentieren. Stefano di Battista greift mit „La Dolce Vita“ in den Fundus der populären Melodien seiner Italienischen Heimat. Es kommt vor, was vorkommen muss, das Wohlfühlprogramm der Canzone im Jazzgewand. Natürlich ist alles brillant gespielt. Di Battista ist ein Meister der Geläufigkeit, der Trompeter Matteo Cutello oder der Schlagzeuger André Ceccarelli können swingen, boppen und im Salonstil brillieren. Was fehlt, ist der Witz, der Mut. Denn das süße Leben ist deshalb süß, weil es der öden Wirklichkeit die Inszenierung von Lust und Freiheit gegenüberstellt. Anita Ekberg badete im Abendkleid in der Fontana di Trevi. Di Battista und seine Mannen stehen im Anzug davor. Illusion schlägt Wirklichkeit.
Ralf Dombrowski