Brad Mehldau
After Bach II | Après Faurè
(Nonesuch/Warner)
„Du spielst Bach nicht – Bach spielt dich, in dem Sinne, dass er dich entblößt“, schreibt Brad Mehldau in den Liner Notes zu seiner zweiten Auseinandersetzung mit dem Barockmeister. Im Vergleich zum Vorgänger „After Bach“ ist nun eine Intensivierung dieser höchst persönlichen Vorgehensweise zu beobachten. In Teil 2 lässt Mehldau nicht nur seine eigenen, tief nachempfundenen Klangerfindungen in einen Dialog mit Teilen aus dem „Wohltemperierten Klavier“ oder den Partiten treten, sondern schreibt eines von Bachs Schlüsselwerken sogar mutig um: In der zweiten Albumhälfte präsentiert Mehldau seine Variationen der Goldberg-Variationen, fügt krumme Taktarten, einen hibbeligen Breakbeat sowie boppige Wendungen hinzu. Und es ist großartig, nie aufgesetzt, immer nah an Bach – wie die gesamte Aufnahme ohnehin durchwirkt ist von einer zeitlosen Schönheit und Energie. Ungleich in sich gekehrter, gleichsam von düsteren Nebelschwaden durchzogen, nimmt sich Mehldaus Annäherung an Gabriel Fauré anlässlich dessen 100. Todestag aus. Mit der Interpretation von Faurés „Nocturnes“, die vier eigene spätromantische Stücke rahmen, adelt der US-Pianist den im Schatten seines Schülers Maurice Ravel stehenden Fin-de-Siècle-Komponisten als einen der Vorbereiter der modernen Jazzharmonik und Minimal Music. Aber offen gestanden: Gegen Mehldaus brillante Bach-Adaptionen hat es jedes andere Album im Grenzbereich zwischen Klassik und Jazz schwer.