Maik Krahl

Das Neue, das Alte

Starker Einstieg. Klar, Seamus Blake spielt Tenorsaxofon, kein Bariton. Trotzdem fühlt man sich an Baker/Mulligan aus den frühen Fünfzigern erinnert. Diese verschmitzte Art, wie sich Trompete und Saxofon melodisch umranken, das Midtempo, der sanfte, aber entschiedene Swing – das ist Traditionsspiel ohne Notwendigkeit der Nachahmung.

Maik Krahl (Foto: Alessandro De Matteis)

Denn in den Soli entfernen sich Maik Krahl und Seamus Blake schnell von den coolen West-Coast-Vorbildern, werden boppiger, wilder und finden den Anschluss an die jazzende Gegenwart. Trotzdem ist der Link gesetzt und wird das Album über immer im Hintergrund präsent sein. Es passt auch zum Thema. Er wolle, meint der Trompeter aus Bautzen, „The Magic Of Consistency“ (Challenge/Bertus) allen Mentoren widmen, die ihm geholfen haben, den Weg in den Jazz zu finden – Till Brönner an der Hochschule Dresden beispielsweise oder Ryan Carniaux, der ihn beim Masterstudium in Essen unter seine Fittiche nahm.

Die Lehrer haben ganze Arbeit geleistet, den Maik Krahl hat einen hinreißend sanften und zugleich klaren Ton, ein sicheres modernes Formverständnis, und er liebt es vor allem, mit dem Gestus des Understatements zu phrasieren. Mit Seamus Blake hat er bereits auf früheren Aufnahmen gearbeitet, der britisch-kanadische Tenorsaxofonist schafft es, seine Wurzeln im Zeitgenössischen elegant in die quasi klassische Form des Quartetts ohne Harmonieinstrument zu integrieren.

Der Bassist Julius Peter Nitsch und der Schlagzeuger Chris Gall wiederum sind entspannte Begleiter, cool auch sie in der Spielhaltung der eleganten Reduktion – und konsistent, wie Krahl selbst die Beständigkeit nennt. Sie reicht über eine Beschäftigung mit den musikalischen Ahnen hinaus, ist mehr Haltung als direkte Vorgabe. „Konsistenz“, meint Maik Krahl, „heißt für mich: jeden Tag guten Kaffee trinken, tägliches Üben, ohne einen Tag auszulassen, jeden Tag eine kalte Dusche, regelmäßig Sport und Atemübungen, regelmäßiges Forschen und intensives Musikhören.“ Dann kann sich Magie entwickeln.

Text
Ralf Dombrowski
Foto
Alessandro De Matteis

Veröffentlicht am unter 156, Feature, Heft

Leipziger Jazztage 2024