Red Hering

Schlagzeugspiel trifft Wortspiel

Maximilian Hering stammt aus Mainz, hat in Arnheim studiert, ist dann für zwei Jahre nach Barcelona gegangen und lebt nun in Köln. In Arnheim ist auch die Band Red Hering entstanden, der unter anderen der Pianist Philipp Rüttgers, der Bassist Dion Nijland, der Altsaxofonist Milan Kühn und der Trompeter Marko Mebus angehören – neu ist die Sängerin Sara Bax.

Red Hering – Butter bei die Fische (Cover)

„Die Band gibt es seit fünf Jahren, aber durch die Pandemie ist nicht allzu viel passiert“, verrät Maximilian Hering. „Die meisten Stücke, die wir spielen, habe ich für meinen Bachelorabschluss in Arnheim geschrieben, dort habe ich studiert. Das Titelstück ist allerdings neu. Mit Wortspielen zu arbeiten finde ich witzig – „to throw a red herring‘ ist eine Redewendung, die mir allein schon deshalb gefallen hat, weil mein Name darin vorkommt. Und ‚Butter bei die Fische‚ halte ich für einen coolen Albumtitel.“

Mit der Annahme dürfte er richtig liegen. Die Band wurde allerdings nicht nur von Herings Zeit in Arnheim geprägt. „Ich habe lange in Barcelona gelebt“, erzählt der Schlagzeuger. „Das Lebensgefühl ist viel lockerer als bei uns oder in den Niederlanden. Die Musikszene ist sehr lebendig, aber der Jazz ist traditioneller als bei uns. Oft habe ich mir gewünscht, dass die Musiker sich mehr trauen, aber das ist nicht so hip in Barcelona. Es gibt unheimlich viele Jamsessions, auf denen das Bebopvokabular gang und gäbe ist. Ich habe dort auch tolle Musiker kennengelernt, die viel von ihrer eigenen Kultur in die Musik mit einbringen.“

In Barcelona hat er die Maximilian Hering Group gegründet, ein Quintett, mit dem er sein Debütalbum „Nostalgia“ eingespielt hat. Inspiriert von Quentin Tarantinos Film „Pulp Fiction“, hat Hering außerdem das Surf-Jazz-Quartett Max Hering & The Foaming Waves ins Leben gerufen. Zur Filmmusik hat Hering sowieso ein spezielles Verhältnis, denn sein Vater ist Soundtrack-Komponist, und der Schlagzeuger selbst hat auch schon Musik für Kurzfilme komponiert.

Doch zurück nach Barcelona. Zwei Hering-Kompositionen auf „Butter bei die Fische“ befassen sich mit dieser Stadt: „Corredors de l‘Alba“ beschreibt Jogger am Strand von Barcelona (in einer anderen Fassung übrigens auch bei den Foaming Waves zu hören), und „Carrer de Joaquin Costa“ ist einem bestimmten Bezirk gewidmet. Auf dem kammermusikalischen „Nostalgia“ (das Flügelhorn von Marko Mebus wurde später eingefügt) und auf „Park Sonsbeek“ (in Arnheim zu finden) ist das Paranormal String Quartet aus München dabei. „Mit einem Streichquartett wollte ich immer schon arbeiten“, verrät Hering, „schon bei meiner Bachelorprüfung. Das Quartett auf „Butter bei die Fische‘ ist aber ein anderes.“

Red Hering (Foto: Simon Zimbardo)

Auf der Hälfte der zehn Songs ist die Sängerin Sara Bax zu hören, die meistens textlose Vokalisen vom Stapel lässt und auf diese Weise zu einem weiteren Instrument in Herings Baukasten wird. „Die Stimme als Klangbaustein, als weiteres Instrument einzusetzen gefällt mir gut“, betont Hering. „Ich habe mich auch nicht getraut, Songtexte zu schreiben. Es ist schwierig, eine passende Stimme für so ein anspruchsvolles Programm zu finden. Sara Bax kannte ich ebenfalls aus Arnheim, da wusste ich, dass sie das hinkriegt.“

Maximilian Hering hat seine Songs übrigens am Klavier komponiert (zwei Stücke stammen von Milan Kühn), das für ihn eine Art Zweitinstrument ist. „Ich finde es immer schwierig, wenn die Songs von Drummern sich so anhören, als wären sie nur der Rahmen für die virtuose Selbstdarstellung eines Schlagzeugers“, sagt Hering. „Ich fühle mich da mehr von Brian Blade und den Songs, die er für seine Band Fellowship geschrieben hat, inspiriert.“ Das cool zwischen einem 7/8- und einem 8/8-Groove changierende „Journey“ ist die Ausnahme von der Regel – der Song ist tatsächlich am Schlagzeug entstanden.

Jetzt steht Maximilian Hering vor der Aufgabe, das vielschichtige Programm dieser Platte auch auf die Bühne zu bringen – in welcher Form, das ist ihm selbst noch nicht klar. „Wir bemühen uns aber, im nächsten Jahr eine Tour auf die Beine zu stellen“, betont er. Nun denn, möchte man ihm da zurufen: Butter bei die Fische!

Live-Termine
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Text
Rolf Thomas
Foto
Simon Zimbardo

Veröffentlicht am unter 156, Heft, Next Generation

Leipziger Jazztage 2024