Kunst & Jazz I: Amy Sherald & Jon Batiste
Das in Los Angeles beheimatete Kunstmagazin „Cultured“ hat mit „Artists On Artists“ eine neue Reihe ins Leben gerufen, in der sich Künstler/-innen verschiedener Genres gegenseitig interviewen. In der gerade erschienenen ersten Ausgabe trifft die Malerin Amy Sherald, Porträtistin von Michelle Obama, deren Arbeiten gerade in einer großen Einzelausstellung im San Francisco Museum Of Modern Art zu sehen sind, auf den mehrfach „Grammy“-ausgezeichneten Jazzpianisten Jon Batiste, der gerade sein Soloalbum „Beethoven Blues“ veröffentlicht hat und für die Musik zu dem über ihn gedrehten Dokumentarfilm „American Symphony“ erneut für einen „Grammy“ nominiert ist.
Sowohl Sherald als auch Batiste arbeiten in ihrer künstlerischen Praxis mit kolonial geprägter Wahrnehmung von Geschichte und deren Darstellung in der Kunst. So verbindet Sherald in ihren Porträts afroamerikanisches Leben in den USA mit Symbolen amerikanischer Ikonografie. Batiste setzt sich aktiv gegen Rassismus ein und verbindet westliche klassische Musik mit afroamerikanischer Musikgeschichte.
Sie sprechen über die Besonderheiten ihrer jeweiligen Arbeitsweise. Sherald erzählt, dass sie ohne Fernsehen aufwuchs, aufgrund der Kirche, in die ihre Familie ging. „Also hörten wir Jazzmusik. Es gibt dieses eine Stück auf (John) Coltranes ,A Love Supreme‘ namens ,Pursuance‘. Als ich diesen Song hörte, wusste ich, wie ich meine Arbeit gestalten wollte. Diese psychische Energie wollte ich in meine Porträts übersetzen. Dass, was zwischen mir, dem Pinsel, dem Gemälde und dem Modell passiert.“
Batiste erzählt, dass er es über Videospiele geschafft habe, seine Schüchternheit zu überwinden: „Ich bin in New Orleans aufgewachsen, mit diesem unglaublichen kulturellen Erbe, all die Klänge und Rhythmen dieser statt. Aber als introvertiertes und schüchternes Kind ermöglichten mir Videospiele, in Charaktere zu schlüpfen und Rollenspiele zu verkörpern.“ So habe er erkannt, dass es möglich ist, Dinge zu erschaffen und sich nicht damit abzufinden, wie das Umfeld ist, sondern es selbst zu gestalten.
Beide sprechen über sehr persönliche Erfahrungen und wie es für sie war, im Weißen Haus zu sein. Als Sherald als erste Schwarze Künstlerin beauftragt wurde, das Porträt der First Lady zu malen, habe sie gedacht: „Wie würde sich ein weißer Mann durch diese Situation bewegen. Aber jetzt würde ich sagen, ich bewege mich durch die Welt wie eine Schwarze Frau. Ich habe eine Herztransplantation überlebt, also kann ich das auch.“ Batiste erinnert sich, dass er seine gesamte Familie mitbrachte, als er zum ersten Mal im Weißen Haus spielte: „Mein Großvater war damals 92 oder 93 Jahre alt, und seine Sicht auf das Geschehen war unglaublich. Er nahm zusammen mit Dr. King an den Streiks für sanitäre Einrichtungen teil, er war als Schwarzer in der Navy und der Präsident des Hotelarbeiterkongresses. Ich bin ein Teil dieser Abstammungslinie und durfte diesen Moment durch seine Augen sehen.“
Weiterführende Links
„Cultured“