Jon Batiste
Beethoven Blues
(Verve/Universal)
Jedem Klavierschüler, der schon einmal mit „Für Elise“ oder der „Fünften“ drangsaliert wurde, muss dieses Album ein Dauergrinsen ins Gesicht zaubern, weil die Klassiker eigentlich wie göttliche Geschenke partout unverändert bleiben sollten. Nun kommt ein Grammy- und Oscargewinner, noch dazu ein Afroamerikaner, daher und treibt einfach einen Blueskeil in die heiligen Werke. Skandal? Kaum, denn Jon Batiste weiß genau, wie er den ersten Teil seiner „Piano Series“ zwischen europäischer Klassik und Südstaatenblues auspendeln muss, um nicht als Kulturvandale zu gelten. Der 38-Jährige will Ludwig van Beethoven als Visionär würdigen, dem es gelang, zeitlose Notenkonstrukte zu erschaffen, die Genregrenzen überschritten, noch bevor es diese überhaupt gab. Der klassisch geschulte Piano-Superstar verbindet die strukturellen und melodischen Feinheiten Beethovens, etwa in der Neunten Sinfonie („Ode To Joyful“) oder der hibbeligen „Waldstein Sonata“ („Waldstein Wobble“), mit einer improvisatorischen Freiheit, die es ihm erlaubt, jedes Stück in Echtzeit neu zu deuten. Keine Frage: Beethoven hätte es gemocht. Mein Klavierlehrer nicht.