Ramesh Shotham

Remembering Charlie

Ramesh Shotham ist ein freundlicher Mensch, (welt-)offen, scheuklappenfrei und erfrischend undogmatisch. Er versteht es, seine Gedanken fließend in deutscher Sprache weiterzugeben, und lebt seit mehr als 20 Jahren in Köln. Ein Musterbeispiel für das also, was Politiker derzeit gerne als oberstes aller gesellschaftlichen Ziele preisen, nämlich geglückte Integration.

Ramesh Shotham

Dass der 69-jährige Percussionvirtuose aus dem südindischen Chennai all diese Attribute von jeher auch in sein Schaffen einfließen lässt und sich mit gleichgesinnten Kollegen wie Embryo, Rabi Abu Khalil, Steve Coleman, Steve Swallow, Jonas Hellborg oder Wolfgang Niedecken zum Zwecke der gezielten Grenzverletzungen zusammentat, hat ihn längst in den Status eines der wichtigsten Weltmusiker erhoben. Ein gefragter Mann also, der über einen proppenvollen Terminkalender verfügt.

„Das ist auch der Grund, warum die CD erst jetzt herauskommt“, erklärt Shotham. „Wir haben sie schon Ende 2015 aufgenommen und Mitte 2016 abgemischt. Dann war ich sechs Monate in Indien. Da ging leider nichts.“

Erst als ihm vor wenigen Wochen der WDR-Jazzpreis verliehen wurde, hielt er die Zeit für gekommen.

Voilà, da ist sie also und trägt auch den entsprechenden Titel: „Here It Is“ (Papercup/Rough Trade): eine Positionsbestimmung seiner Dauerformation Madras Special, die sich wieder als einer dieser Soundtrips durch diverse Kulturen und Stimmungen erweist. Die Musiker aus Indien, Deutschland, dem Iran und Ungarn servieren eine kunterbunte, gleichwohl fein austarierte Mixtur aus indischer Klassik, Jazz, Funk, Rock, World Music und schlängeln sich behände durch indische Skalen, klassische südindische Ragas und freie Improvisationen – aber alles atmet dieses typische Shotham-Feeling.

„Mit dem Projekt wollte ich meinem alten Freund, meinem Mentor und Vorbild Charlie Mariano Tribut zollen, mit dem ich schon Ende der 80er-Jahre mit Madras Special durch Indien getourt bin.“

Eine Herzensangelegenheit. Die Rolle des 2009 verstorbenen Mariano übernimmt mit dem Kölner Saxofonisten Johannes Lemke einer seiner Schüler. „Er kann das!“, lobt Ramesh Shotham und lacht.

Text
Reinhard Köchl

Veröffentlicht am unter 124, Feature

Deutscher Jazzpreis 2025