Adam Baldych

Spitzname "Evil"

Aus Polen kamen schon immer bemerkenswerte Jazzgeiger, Michal Urbaniak und Zbigniew Seifert sind nur die bekanntesten von ihnen. Sie waren auch frühe Vorbilder für den jungen Geiger Adam Baldych, der seine Musik auf „Imaginary Room“ (ACT/edel Kultur) mit einer bemerkenswerten All-Star-Band, der Baltic Gang, spielt.

Adam BaldychDer finnische Trompeter Verneri Pohjola bildet mit dem norwegischen Saxofonisten Marius Neset den Bläsersatz, an Klavier, Bass und Schlagzeug sind Jacob Karlzon, Lars Danielsson und Morten Lund zu finden. Alle zwölf Titel sind Baldych-Originale, und man bekommt beim Hören eine Ahnung, warum der Pole den Spitznamen „Evil“ abbekommen hat. Von Kaffeehaus-Sentimentalität ist in seinem Spiel keine Spur zu finden, sein Strich ist klar und expressiv, und seine Stücke sind von hohem melodischem Einfallsreichtum und bieten gleichzeitig viel Raum für Improvisation. „Die Geige bewegt sich in einem ähnlichen Tonspektrum wie die menschliche Stimme“, meint Baldych, „deshalb ist sie für mich das perfekte Instrument zum Improvisieren.“ Baldych entdeckte den Jazz früh, Miles Davis, Herbie Hancock und Stéphane Grappelli waren erste Helden.

„Meine technischen Inspirationen bezog ich allerdings eher von Gitarristen“, erinnert Baldych sich. „Allan Holdsworth und Scott Henderson waren sehr wichtig. In New York fand ich dann den Weg zurück zum akustischen Jazz, denn bei den dortigen Sessions war einfach keine Zeit, lange mit Verstärkern rumzufummeln.“

Leszek Mozdzer empfahl den jungen Geiger dann ACT-Chef Siggi Loch, der es sich nicht nehmen ließ, zusammen mit Nils Landgren – der auf „Imaginary Room“ auf zwei Titeln auch auf der Posaune zu hören ist – das Album zu produzieren. „Wir haben niemals zuvor miteinander gespielt“, gesteht der Geiger, der die CD mit seinem neuen Sextett im März im Berliner Hansa-Studio aufgenommen hat. „Aber die Improvisation ist unsere gemeinsame Sprache, und ich wusste, dass wir in der Lage sein würden, etwas gemeinsam im Studio zu kreieren.“

Text
Ssirus W. Pakzad

Veröffentlicht am unter 94, Feature, Heft

Deutscher Jazzpreis 2025