April in Leipzig

Lili LamengSicher ist der „April in Paris“ ganz wunderbar, ich war vor langer Zeit um Ostern dort, zeitgleich mit vielen anderen, die den Song kennen oder eine Gruppenreise gebucht hatten. Und es stimmt, das Frühjahr ist in Paris einfach himmlisch, wenn man in ausreichendem Maße der französischen Sprache mächtig ist und somit gelassen die Reize der Stadt der Liebenden genießen und dort im impressionistisch anmutenden Sonnenschein in den Tuilerien lustwandeln kann.

Das Internet versucht, mir den Frühlingssong in Verstümmelung für mein Handy anzupreisen, gleich daneben eine Anzeige: „Verhütung war gestern“. Was meinen die? Dass man, wenn man „April in Paris“ hört, nur noch den Frühlingsgefühlen gehorchen soll, einfach so, mit allem Drum und Dran? Vor allem zur Zeit der Kastanienblüte, wie es in dem Song heißt, also dieser Tage? Im Auewald gleich bei mir um die Ecke blühen sie fast schon, die Kastanien. Kann man „April in Paris“ auf Leipzig übertragen?

Es ist auch hier wunderschön, allerdings kenne ich keinen Jazzsong, der in Leipzig spielt, dafür hat aber ja Bach hier gewirkt, auch zu Osterzeiten, nur ging es da vordergründig nicht um den Monat, der auch Wandelmonat oder Launing genannt wurde.

Achtung also, sage ich mir, Launing, nicht mit mir. Vielleicht gilt für den April, was für Paris gilt, egal, ob in der Stadt der Liebe oder in Leipzig, wir hier nennen die Bachstadt L.E., in Anlehnung an eine andere Weltstadt, L.A. Schließlich heißt es auch in „Under Paris Skies“: „Stranger beware, there’s love in the air under Paris skies. Try to be smart and don’t let your heart catch on fire.“ Ich versuche also, trotz blühenden Flieders meinen Verstand beisammen zu halten.

Im März fällt das leicht, doch jetzt? Lese ich doch, dass sich der Name Paris möglicherweise auch auf die sich öffnenden Knospen im Frühling bezieht, falls man ihn vom Lateinischen aperire („öffnen“) herleitet. Keinesfalls werde ich mich gehen lassen, will ich doch später nicht klagen wie in „Paris Skies“: „I wasn’t smart and I lost my heart under Paris skies. Don’t ever be a heartbroken stranger like me.“

Ich hätte mich auch ablenken können, gerade am letzten Wochenende fand hier ein Marathonlauf statt, doch dafür hätte ich spätestens im Dezember mit dem Training beginnen müssen, zwischen Adventssternebasteln, dem Spielen auf Weihnachtsfeiern und Backen.

Doch ich tröste mich damit, dass es vielleicht ausschließlich die Kombination Paris/April ist, die einen, sollte man sich von den Kastanienblüten irritieren lassen, dann gegen Ende des Sommers reuig werden lässt. Meine Recherche allerdings gibt mir nicht so viel Hoffnung. Da gibt es ein Buch mit dem Titel „Liederliches Leipzig – Noten und Liedtexte zum Stadtrundgang“. Das veranlasst mich, auf der Hut zu bleiben, zumal man als Musikerin von vornherein dem Verdacht der Liederlichkeit ausgesetzt ist. Ich lenke mich mit Gehirnjogging ab, übe Skalen und versuche zu verinnerlichen und zu begreifen, dass der April mit demselben Wochentag wie der Juli beginnt und in Schaltjahren auch wie der Januar.

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