Blues

Lisa BassengeMan möchte ja meinen, dass ein Musiker, um den Blues zu spielen, einen triftigen Grund haben sollte. Zum Beispiel lebensbedrohliche Armut, Hunger, furchtbare, unlösbare Beziehungsprobleme oder Ähnliches. Ich hingegen glaube, dass eine gehörige Portion Selbstmitleid und ein paar Kleinigkeiten auch schon reichen, um den Blues zu singen.

Zum Beispiel den „Es-ist-schon-nach-0-Uhr-und-ich-habe-den-Blog-immer-noch-nicht-fertig“-Blues oder den „Warum-muss-ich-morgen-nach-Karlsruhe“-Blues; schön auch der „Oh-Mann-ich-muss-den-Bus-noch-ausladen“-Blues, den Paul heute vor, während und nach dem Gig ausdauernd zum Besten gab. Von mir auch mit Hingabe intoniert der „Was-soll-ich-bloß-anziehen“-Blues oder der „Ich-hab-3-Kilo-zugenommen“-Blues. Ich glaube wirklich, ich sollte eine Platte aufnehmen mit dem geballten Blues, der mir so über den Weg läuft, und und dann sollte ich sie einstampfen.

Und dann Howlin‘ Wolf anmachen. Der hatte wenigstens ’ne harte Kindheit. Und das hört man auch.

Hiermit beschließe ich, mich an den kleinen Dingen des Lebens zu erfreuen.

Heute war eigentlich ein schöner Tag. Wir hatten ein Open-air-Konzert und es hat nicht geregnet und es waren mehr als zehn Leute im Publikum. Ein Wunder! Meine Kinder haben sich ohne Theater von der Babysitterin ins Bett bringen lassen.Wahnsinn! Und morgen in Karlsruhe gibt es die Delikatesse „Basilikumeis mit kandierten Oliven“, und das hätte ich ja nie probiert, wäre ich nicht nach Karlsruhe gefahren. Also: Kein Grund für mich, den Blues zu singen. Ab jetzt nur noch Rhythm Changes… und eins und zwei und eins zwei drei vier!

Aber irgendetwas wollte ich doch noch erzählen. Bin mittlerweile so müde, dass mein Hirn gleich wegschwimmt. Ach ja: Paul fragte, warum die Deutschen immer auf eins und drei klatschen und nicht auf zwei und vier. Aber ich wusste es leider nicht. Vielleicht du, geneigter Leser. Alles Liebe und bis bald!

Eure
Lisa Bassenge

Veröffentlicht am unter Blog thing

STOP OVER 3 - A Residency Program

4 Kommentare zu „Blues“

  1. Ich klatsche bei Jazz gar nicht mit, weder auf 1,2,3 oder 4.
    Beifall gibt es nach guten Soli (aber nicht, wenn es mir so gut gefällt, daß ich lieber gebannt zuhöre), und oft wenn ein Stück vollständig verklungen ist. Ist das undeutsch?

  2. Schultzegetstheblues

    „Ist das undeutsch?“ Nö, das ist deutsch.
    Böse formuliert könnte man sagen, klatschen auf 2 ist Swing, Klatschen auf 1 ist Marschmusik.
    Aber im Ernst, über das Phänomen grüble ich seit Jahrzehnten. Mittlerweile glaube ich, es liegt tatsächlich am rhythmischen Einfluss von Blues und Swing auf die Amerikanische populäre Volksmusik, namentlich, (so leid es mir tut), auf Country&Western. Das vermittelt schon bei frühesten Hörerlebnissen einen grundsätzlich anderen Beat.

  3. another reason to clap the blues

  4. Selbstmitleid als Ersatzantrieb um Blues zu spielen, bzw. zu singen? Sorry, das empfinde ich als ein ziemlich schwaches Argument. Vielleicht solltest du Dich etws tiefer mit dem Thema befassen, denn im Blues geht es um alles Menschliche: Leid, Verlust, Schmerz – aber genauso um Freude,Liebe, Sexualität, Freiheit bzw. die große Hoffnung des Menschen darauf. Ein einigermaßen bedeutender „Selbsmitleids-Blues“ ist jedenfalls – zumindest meines Wissens – bisher nicht in die Geschichte populärer Musik eingegangen. Aber vielleicht machst Du da ja einen Anfang? ;-)

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