Fahrvergnügen
Für Geld mache ich alles. Das muss man jetzt einfach mal so stehen lassen. Sonst hätte ich nicht gestern bei meinem Kommerz-Job eine total nuttige Swingversion von „Happy Birthday“ im Viervierteltakt zum Besten gegeben. Für einen gewissen Vasco. Abgründe tun sich auf. Aber egal. Wenn die Kohle stimmt.
Auf dieser Veranstaltung rannten die ganze Zeit so Typen mit Knöpfen im Jackenaufschlag rum, in die sie konspirativ irgendwelche Anordnungen säuselten. „Go“, „Two minutes, light“ und Ähnliches. Überall standen diese Flachbildschirme rum, die irgendwie für gemütliche Stimmung sorgen sollten, in Wirklichkeit aber den Charme eines Verkaufsraumes bei Saturn vermittelten. Und später konnte man alle diese stutzerhaften Managertypen wild werden sehen, als es nämlich um die Preisverleihung beim Roulettespielen ging. Armut! Währendessen spielten wir uns den Arsch ab, was aber keiner hörte, weil sie die Anlage ausgedreht hatten.
Dauernd kamen irgendwelche Leute mit als Vorschlägen getarnten Befehlen. „Du, findest du nicht auch: Hier mit dem Bier rumzustehen kommt nicht so gut an, oder?“ – „Eine Frage, hat euer Pianist vielleicht ein anderes Hemd dabei?“ Na ja, so ist das Leben halt und man soll sich keine Illusionen machen. Immer noch besser als Hartz IV.
Und das Spielen hat Spaß gemacht. Vor allem weil wir einen Saxofonisten dabei hatten. Bei mir ist es ja so: Ich brauch einen Saxofonisten nur anzusehen und schon werde ich schwach. Irgendwie muss das genetisch sein, meine Schwester steht auch auf Saxofonisten. Auf jeden Fall hatten wir diesen äußerst hasigen Typen dabei und ich hab ihn immer angeschaut, während er mit geschlossenen Augen diese wunderschönen Soli zum Besten gab, und das hat mir den zugegebenermaßen horrormäßigen Abend etwas versüßt.
So, was gibt es noch zu erzählen?
Eigentlich wenig, weil außer diesem Job bei einem namhaften Automobilhersteller hab ich mit Jazzmusik in letzter Zeit wenig zu tun gehabt. Gestern hab ich im Auto Tom Waits gehört und das Gitarrensolo bei „Clap Hands“ ist einfach genial. Ich finde, es ist eins der besten Gitarrensoli ever. Obwohl es kein Jazz ist. So weit, so gut. Alles Liebe und bis zum nächsten Mal! Eure Lisa Bassenge
Hallo liebe Lisa!
Super Geschichte. Vor allem: super geschrieben. Und ich finde es so so gut von dir was oder wie du mit der ›Kommerzkiste‹ umgegangen bist. Genauso ist es richtig, wie Du es gesagt hast. Besser als Hartz IV, nur dass Hartz IV eben noch nicht mal für eine vierköpfige Familie mit zwei frei arbeitenden Kulturschaffenden reichen würde. Und DAS ist ja das Problem. Nicht das Geld an sich. ›Pecunia non olet‹ sagt man ja schließlich. Deswegen finde ich es völlig korrekt, gerade deshalb weil Du damit so offen und kritisch umgehst.
Respekt.
Ich hätte übrigens auch gern so ein Ständchen zu meinem 30. in diesem Jahr, wie viel muss ich Dir denn da bezahlen? ;-)
Hoffentlich hast Du auch viele andere schöne, schönere Konzerte gehabt in der letzten Zeit.
Wann sehen wir uns denn mal wieder?
Habt Ihr unsere Postkarte schon bekommen?
Grüß Waldemar.
Und die zwei kleinen Damen
und den Herrn mit der dunklen Stimme!
Oh, vielen Dank für den Hinweis aus die Scheibe (rain dogs). Musste gleich mal überprüfen, ob Du mit Deiner Behauptung recht hast. Meine Mutter hat mir ja schon in jungen Jahren beigebracht, Frauen grundsätzlich nicht zu widersprechen aber in diesem Fall kann ich nicht zu 100% zustimmen. Warum nicht? Frank Zappa, Joe’s Garage, „Water melons in eastern hay“!
Trotzdem munter bleiben, Geld verdienen und sich nicht verkaufen.
miles
Hab auch noch ein Gitarrensolo anzubieten:
Robert Fripp auf „Baby’s on Fire“ von Brian Eno (zu finden auf Enos erster Solo-LP „Here Come The Warm Jets“). Danach hätte Fripp vom musikalischen Standpunkt aus in Rente gehen könne, aber natürlich hat er – zum Glück – nicht auf mich gehört.
Hallo Lisa,
cooler Blog.
Peter :-)
Hallo Lisa,
nimm’s locker. Als Nichtmusiker mach ich jeden Tag für Geld alles (Nein nicht wirklich alles, nur innerhalb der Legalität und Pornos, Waffenhandel, etc. auch nicht). Auch als Musiker muß man manchmal Geld verdienen, manchmal Spaß haben und sollte natürlich (wie ich auch) so oft wie möglich Spaß beim Job haben. Zuviel Gedanken über manche Jobs führen zum Suff, zu wenig Gedanken führen zur Selbstprostitution – der Mittelweg ist wichtig.
Zum Gitarrensolo: ich hab es extra drei mal auf der A9 angehört: soo toll finde ich es nicht. Da finde ich z.b. bei Chris Thompson besseres (Um mal abseits des Jazz zu bleiben).
Beste Grüße
Oliver
Hübsches Spiel. Wer kennt noch ein Gitarrensolo? Oder ein Anti-Gitarrensolo? Und warum ist das eine oder das andere gut? Den besten Kommentar dazu hat Christopher Dell mit dem folgenden Blog gegeben.