Jazz aus Norwegen
Habt ihr Vorsätze für 2006 gefasst? Ich soll ja in der Silvesternacht verkündet haben, ich wolle mich fortan fleischlos ernähren. Sagen meine Freunde jedenfalls. Ich selbst erinnere mich nicht so genau, man verträgt ja nix mehr. Weltgegenden, in denen man trinkfest sein muss, wären jedenfalls nichts für mich. Norwegen zum Beispiel: Immer nur Kälte und Dunkelheit, da greift selbst der Nichtdepressive zur Flasche, aus Langeweile sozusagen. Geld haben sie dort zwar, von wegen Nordseeöl, aber an Arbeit fehlt es trotzdem. Was bleibt also? Trinken.
Und Musik. Kein Wunder, dass Norwegen lange Zeit den höchsten Pro-Kopf-Umsatz an CDs vorweisen konnte. Und dass von den vier Millionen Norwegern drei Millionen selbst Musik machen, auch aus Langeweile sozusagen. Irgendwie haben sie dort herausbekommen, wie man massenhaft und billig Popmusik produzieren kann. Und weil Popmusik aus Norwegen auch so klingt, bleibt sie von jugendlichen Kreisch-Fans verschont und wird in die ehrenhafteren Schubladen abgelegt: Singer-Songwriter. Erwachsenen-Pop. Jazz.
Wovon singt so eine norwegische Erwachsenen-Pop-Jazz-Vokalistin eigentlich, mit nichts um sich herum als Kälte und Dunkelheit, Berge und Meer? Klar: vom Mond und vom Himmel und vom schwindenden Licht, vom Dableiben oder Wegfahren oder schwindender Entschlossenheit, vom Müdewerden und Träumen und schwindendem Wirklichkeitsgefühl, von der langsam, langsam entschwindenden Zeit. Gähn.
Ach, Jazz konnte mal so spannend sein! Erinnert ihr euch noch an virtuose Trompeten-Ritte und heiser raunende Tenorsaxofone? Oder gar an Schlagzeug-Battles? Ich bestätige hiermit meinen Vorsatz: Dieses Jahr ernähre ich mich fleischlos, mit vielen Vitaminen! Zwölf Monate keine Sängerinnen, nur Instrumentals! Soll ja gesund sein.
Pit Huber
Sind nicht Jan Garbarek, Nils Petter Molvaer und Silje Nergaard aus Norwegen?
Silje Nergaard konnte ich übrigens vor ein paar Wochen live in Kaiserslautern erleben. Silje hatte eine prima Band und eine Menge Streicher am Start und lieferte ein tolles Konzert ab.
Ach grade gefunden…
Einspruch, Pit
vor Fleischabstinenz kann ich nur warnen, zur Therapie empfehle ich nicht norwegisches, sondern Fleisch aus deutschen Landen, frisch zubereitet. Namentlich Lyambiko („Love…and then“) und tok tok tok mit („I wish“).
Wenn das nicht anschlägt, muss sich der Jazzmetzger was anderes einfallen lassen.
Yo, wenn man bedenkt, dass Lyambiko erst fünf Jahre unterwegs ist, ist das ne super Sache mit ner absolut professionellen Band daneben. Hab eben bei Amazon reingehört.
Ist der Sound auf der CD auch so dumpfloungig wie bei den Hörbeispielen bei Amazon, Metzger?
ne,ne, Chrisfried, ganz und gar nicht. Die letzten beiden CDs sind bei Sony(bzw. jetzt Sony/BMG) erschienen und wurden, wie man so schön sagt, fett produziert. Und das schmeckt dem Metzger ungemein.
hm… naja… die aus dem Norden hatten wir im Oktober beim Stimmenfangfestival in Nürnberg zu Gast…
und… also… äh… ich war positiv überrascht… kein Heulen am Fjord. Ob Kari Bremnes, Sidsel Endresen (sehr abgefahren) oder Solveig Sletthajell… Durch die Bank wundervolle Konzerte, die mir die Arbeit als Festivalfotograf schwer gemacht haben, weil ich lieber der Musik gelauscht habe.
Was Silje betrifft… die stecke ich in die selbe Schublade, wie Victoria Tolstoi… und die lasse ich lieber zu… ach ja… Rigmor Gustafsson pack ich auch dazu…
Noch ein kleiner Tip: Gunnar Halle… u. a. Böhm-Halle-Sell bringt mit Fattigfolket ein sehr schönes Projekt an den Start.
Und für alle deutschen Jazzliebhaber… bestes aus dem Hause Nürnberg/Berlin… Alejandro Sanchez… der 05 Report… ein wahres Live-Erlebnis… Riesenkonzert im Jazzstudio Nürnberg im Oktober…
Aus Norwegen war mir bisher nur Nils Petter Molvaer ein Begriff, auf den ich vor vielen Jahren über einen House-Remix seines Stückes „Merciful“ gestolpert bin. Vielen Dank für die anderen Namen in den Kommentaren, werde ich mir mal anhören.