Kommt das Jazzverbot?
In Bayern, dem seltsamen Land hinter der deutschen Südgrenze, wurde jetzt beschlossen, in allen öffentlichen Räumen das genüssliche Verbrennen von getrocknetem Tabak ausnahmslos zu untersagen. Offenbar ist Rauchen aber nicht ganz so gefährlich wie E-605, sonst hätte man es ja gleich ganz verbieten müssen. Rauchen fällt wohl eher in die Kategorie des Autofahrens, Saufens, Bungee-Jumpens, Extremkletterns oder ungeschützten Sexualverkehrs: Man kann es lange Zeit betreiben, ohne dass etwas passiert, aber plötzlich kann es lebensgefährlich werden. Niemand will deswegen aber eine Diskussion über das öffentliche Verbot von Autos oder Alkohol anstoßen. Bis jetzt sind Autofirmen noch nicht einmal dazu übergegangen, auf Motorhauben oder Einstiegstüren deutliche Warnaufkleber anzubringen, etwa „Autofahren kann tödlich sein“.
Es geht ja auch gar nicht um die Gesundheit der Raucher. Es geht um das Schutzbedürfnis der Rauchhasser. 23 Prozent der bayerischen Wähler haben für die Verschärfung des Rauchverbots gestimmt. Damit waren sie in der Mehrheit, denn mehr als 60 Prozent der Wahlberechtigten blieben der Abstimmung fern, weil sie finden, dass Raucher und Nichtraucher schon irgendwie miteinander auskommen müssten. Die Rauchhasser dagegen fühlen sich allein bei der Vorstellung von Tabakdüften so bedroht, dass sie den Rauchern nicht einmal mehr Lokale zugestehen, in denen sie unter sich sein können – so genannte „Raucher-Clubs“. Dabei ist das Rauchen in der Gemeinschaft doch ebenso existenziell sinnstiftend wie für manch anderen der gemeinsame Umtrunk.
Etwa 30 Prozent der erwachsenen Deutschen nehmen gerne Tabakrauch in den Mund. Deutsche, die gerne Jazz in die Gehörgänge kriegen, gibt es deutlich weniger, obwohl die gesundheitlichen Gefahren dieser Musik durchaus nicht bewiesen sind. Aber, siehe oben: Es wird nicht um mögliche Gesundheitsrisiken des Jazzhörens gehen, sondern um das Schutzbedürfnis der Jazzhasser. Wie viele Jazzhasser gibt es? Eine Mehrheit der Wahlberechtigten findet wahrscheinlich, dass Jazzer und Nichtjazzer irgendwie miteinander auskommen müssten. Jazzhasser dagegen können an dieser Musik weder Melodie noch Rhythmus noch sonst etwas Angenehmes finden: Jazz ist ihnen eine Qual. Sie bestehen daher auf jazzfreien Gaststätten, Kneipen, Bars, Foyers, Toiletten und Warteräumen. Möglicherweise fühlen sie sich so bedroht, dass sie uns Jazzhörern nicht einmal mehr Lokale zugestehen wollen, wo wir unter uns sein können – so genannte „Jazz-Clubs“. Dabei ist Jazz in der Gemeinschaft doch… Aber das wisst ihr ja selbst.
Pit Huber
So ein Schmarrn. „Es geht ja auch gar nicht um die Gesundheit der Raucher.“ Stimmt. Es geht um die Gesundheit der Nicht- und Passivraucher.
Das Argument, dass als nächstes dieses oder jenes auch verboten werden wird, höre ich öfters. Selbst wenn deine Hypothese stimmt: sie ändert auch aber auch rein gar nichts an der Notwendigkeit des Nichtraucherschutzes.
Der Herr Huber hat nicht verstanden, dass Nichtraucher durch Raucher nicht nur belästigt werden sondern auch gesundheitlich geschädigt werden. Obwohl der Nichtraucher gar keinen Rauch will, der sich in Lunge, in den Haaren und in der Kleidung festsetzt.
Die Ausnahme für Bedienungen im Arbeitsschutzgesetz können Sie mir auch nicht erklären? In jeder Fabrik gibt es MAKs in der Kneipe ist das egal – Ausnahmeregelung. Lungenkrebs ist ja nur zu 90 Prozent durch Rauchen verursacht, da darf ruhig jede Arbeitskraft vergiftet werden. (Selbst bei Frauen gibt es inzwischen mehr Lungen – als Brustkrebstote – durch Raucherinnen).
Passivtrinken, das wäre, wenn man dem Nachbarn das Bier in Kehle und Kragen ko… Unangenehmer Gedanke? Ja? So ging es Nichtrauchern früher auch im Restaurant.
In der Unterfahrt in München ist das Rauchen schon lange verboten, damit die Jazzmusiker auf der Bühne noch genug Luft zum Saxophon-blasen etc, haben – lange vor allen Gesetzen. Jazz hat nichts mit rauchen zu tun.
Und zum Volksentscheid: es stand allen Rauchern frei zur Abstimmung zu gehen. Eine geringe Beteiligung insgesamt wäre die Chance gewesen für die Raucher, das Gesetz zu kippen. Entweder den Rauchern war es egal, oder Sie wollten auch nicht wie ein Aschenbecher stinken nach dem Jazz-Abend. (Fast alle Raucher, gehen auch zu Hause raus zum Rauchen, damit die Wohnung nicht stinkt).
Etwa 70 Prozent der Deutschen nehmen keinen Rauch in den Mund. Von den anderen 30 tun es die meisten wegen der Nikotinsucht nicht wegen Genuss.
Raucherhass gibt es wohl eher bei Rauchern, die schon zig mal versucht haben vom Glimmstengel wegzukommen und dann im „Freundeskreis“ wieder angefixt wurden.
Herr Huber, setzen sie sich ins eigene Auto, in die eigene Wohnung oder gehen Sie vor die Tür und paffen Sie 10 Schachteln am Tag. Wir Nichtraucher gönnen Ihnen jede Zigarette – solange sie uns nicht gefährden und belästigen! Und machen Sie sich keine Gedanken: Lungenkrebs führt ganz schnell zum Tod, Sie müssen nicht lange leiden.
Das mit dem Rauchen bzw. Nichtraucherschutz ist doch in Blog Thing schon längst abgearbeitet worden – vor fast drei Jahren (sic!): http://www.jazzthing.de/blogthing/schall-und-rauch/. Mir gehen diese quengelnden Nichtraucher jedenfalls gehörig auf die Nerven – vor allem dann, wenn sie nicht einmal erkennen, dass das Stilmittel „Ironie“ angewendet wird: http://de.wikipedia.org/wiki/Ironie.
Hallo, Laurie, dir gehen die „quengelnden“ Nichtraucher auf die Nerven – mir die qualmenden Raucher. So ist das eben. Wo in Hubers Text allerdings die Ironie versteckt sein soll, musst du mir mal erklären – ich kann sie nicht entdecken.
Ich bin Nichtraucher, und seit ich (selbst) denken kann Jazzfan, als solchen finde ich diesen Artikel völlig daneben, Ironie habe ich darin auch nicht erkannt.
Sollte das ironisch gemeint sein, dann wäre es immerhin tröstlich, so was nicht ernst nehmen zu müssen, dann aber stilistisch daneben!
Ich erinnere mich sehr gut an einen Besuch im Quasimodo in Berlin, dort spielte der von mir sehr geschätzte Hermeto Pascoal mit seiner Band. Durch die Rauchernebelschwaden sah ich Bläser (Trompete etc.) mit hochrotem Kopf, Hermeto (für andere evtl. schon im Rentenalter) in ihrer/seiner Arbeitsumgebung und hab mich gefragt, ob das Gesund sein kann?
Mal abgesehen davon, dass mich der Rauch extrem gestört hat, ich und meine Kleidung dann extrem nach Zigaretten gestunken hatten und ich häufiger nach solchen Nächten am nächsten Tag Halsschmerzen oder schlimmeres hatte …. abgesehen davon, fragte ich mich wie das wohl für die Musiker ist, größten Teils (wie ich vermute) in solchen verrauchten Clubs auftreten zu MÜSSEN!?
Selbst wenn sie selber Raucher sein sollten, wäre es Ihnen doch wahrscheinlich lieber ihre auch körperlichen Höchstleistungen in einer rauchfreien Luft darbringen zu dürfen.
Selbst wenn in diesem Falle das anders gewesen sein sollte, wer möchte hier den von uns mitunter oft (zu recht) verehrten Musikern das Recht auf einen „sauberen“ und gesunden Arbeitsplatz verweigern?
Also, die mitunter rigiden Raucher fordern oft Toleranz, dabei ist offensichtlich, bei wem ein entsprechendes Defizit und ein Mangel an Respekt gegenüber der Gesundheit anderer vorliegt!
Auch ist es bei einer Güterabwägung zwischen dem Recht auf Persönlichkeits- Entfaltung und dem Recht auf körperliche Unversehrtheit klar, wie da die Gewichtung dieser Grundrechte ist: die Freiheit des Einzelnen endet nämlich bei dem Recht auf körperliche Unversehrtheit des Anderen! Das lässt sich nicht wegdiskutieren.
Argumente in der Art, dass man ja nicht gezwungen ist etwa in eine Kneipe zu gehen ziehen da auch nicht, da hier wiederum das Recht auf Freizügigkeit beschnitten wäre (Da ja quasi in allen Kneipen geraucht wird, bzw. geraucht wurde!).
I.ü. finde ich, dass die nun einsetzenden gesetzlichen Restriktionen auch eine logische Reaktion auf das überwiegend intolerante Verhalten der Raucher gegenüber ihren nichtrauchenden Mitbürgern darstellt.
Verantwortungsvolle Raucher (die es ja auch gibt) verhalten sich rücksichtsvoll, hingegen verteidigt der Süchtige – aufgrund seines durch die Abhängigkeit verzerrten Weltbildes – seine Suchtbefriedigung mit uneinsichtigen, unvernünftigen, nichtadäquaten und herbeigezogenen Argumenten. Auf Einsicht ist hier kaum zu hoffen.
Um mal eine positive Folge der Nikotin-Zwangs-Beräucherung aufzuführen:
Mich hat die Belästigung durch Raucher in den Jazzclubs zur Klassik und zur zeitgenössischen „E-Musik“ geführt.
Welch eine Freude und was für ein Genuss ist es doch die Begeisterung, die Ergriffenheit und die Glücksgefühle beim Hören der Musik durch einen freien und tiefen Atem auch ausleben und ausfühlen zu können!
Gruß
Burkhardt
Also ich war selbst mal Raucher, kann Raucher verstehen aber jetzt als Nichraucher finde ich es auch ekelig das riechen zu müssen, kriege trändende Augen etc. Ich kann beide Seiten verstehen. Naja muss man eben so sehen das es dann eben diese Raucherbereiche geben müsste usw. oder Raucher Clubs? Keine Ahnung ist auch seltsam… Am besten alle hören auf zu rauchen… Ich glaub an Euch :)
Es ging in Bayern nicht um Rauchverbot in der Gastronomie ja/nein – das gab es bereits und das galt auch in den mir bekannten Jazzclubs. Es ging darum, dass ein paar Radikale die letzten Lücken (Volksfeste, Raucherclubs) eliminieren wollten. Sie haben es geschafft und so empfindlich in die Persönlichkeitsrechte eingegriffen. In Bayern darf nur noch im Freien (mit vielen Einschränkungen!) und in den eigenen vier Wänden geraucht werden. So geht auch viel Kultur verloren, Rauchen von Zigarren und Pfeifen ist beispielsweise auf der Straße vor der Kneipe ausgeschlossen. Mitschuld haben leider auch die politikverdrossenenen Raucher, die nicht zur Wahl gingen, so konnte eine Minderheit van ca. 25% die anderen majorisieren. Ich denke, der Trend wird weiter gehen. Potentielle Opfer: Hundebesitzer, Alkoholtrinker, Übergewichtige … Immer schön die Minderheiten gegeneinander aufwiegeln, dann hinterfragt niemand die Legitimation der Mächtigen.
Die letzten Jahrhunderte haben die Raucher massiv in die Persönlichkeitsrechte der Nichtraucher eingegriffen … ich seh’s auch ein wenig als ausgleichende Gerechtigkeit, wenn die Raucher jetzt nur noch zu Hause qualmen dürfen.
Und warum in dieser Diskussion immer der Vergleich zum Alkohol gezogen wird, verstehe ich auch nicht: von gesundheitlichen Schäden durch Passivtrinken habe ich noch nie gehört. Auch noch nicht von Passiv-Fettleibigkeit, oder von Passivhunden.
Auch Raucher sind viele, viele Stunden ihres Lebens Nichtraucher. Auch Raucher schätzen unverqualmte Zugabteile, rauchfreie Arbeitsplätze und schwadenlose Speise-Restaurants. Sie können sich in Nichtraucher durchaus einfühlen. Deshalb haben sie ja auch so ein schlechtes Gewissen, pusten den Rauch weg von ihrem Gegenüber und lassen die Zigarette stecken, wenn Kinder in der Nähe sind. Ihr in Bayern hattet die Raucher ja längst kleingekriegt: Mehr als 80 % der bayerischen Lokale sollen schon vor dieser Abstimmung rauchfrei gewesen sein. So eingeschüchtert waren die Raucher, dass sie sich nicht mal mehr zur Wehr setzten. Jetzt endlich könnt ihr eure Frauen und Kinder sorglos auch in die letzten Absturzkneipen im Kiez schicken: Von den Rauchern jedenfalls droht keine Gefahr mehr. Beruhigt bin ich aber über eines: Das Jazzverbot wird sicherlich nicht kommen, Kampfbeißer wie OhWeh werden das zu verhindern wissen. Denn der ist von einem anderen Kaliber als diese hilflosen Raucher.
Passivtrinken? Klar gibt es das – und es ist lebensgefährlich. Schaut euch nur die Statistik von Verkehrsunfällen, Gewalttaten und zerrütteten Familien an. Raucher sind da nicht signifikant.
„Alkohol ist eine der Hauptunfallursachen, insbesondere bei Verkehrsunfällen mit Personenschäden. Auf das Konto Alkohol, d.h. einer BAK von mehr als 0,3 ‰, gehen 10 % aller Verkehrsunfälle mit Personenschaden (d.h. Getötete und Verletzte), 19 % aller Verkehrsunfälle mit Getöteten, 16 % aller Verkehrsunfälle mit Schwerverletzten und 9 % aller Verkehrsunfälle mit Leichtverletzten. Es kann festgestellt werden, daß etwa jeder 5. tödliche Verkehrsunfall bzw. jeder 10. Unfall mit Personenschaden vermeidbar wäre, wenn Alkohol als Ursache ausschiede.“
@Jacky: Da verwechselst du etwas. Nämlich die direkte und indirekte Auswirkung des Rauchens bzw. Trinkens.
Mir geht es in erster Linie um die direkte Beeinträchtigung durch Raucher. Und eine direkte Beeinträchtigung durch Trinken habe ich bisher nur erlebt, wenn ich selbst der Trinkende war.
„So eingeschüchtert waren die Raucher, dass sie sich nicht mal mehr zur Wehr setzten …“
Ich wünschte, das wäre auch in den Frankfurter Bahnhöfen so, wo ich mich trotz Verbotes täglich vollqualmen lassen muss.
Passivtrinken hat Jacky schon geklärt – ob direkt oder indirekt ist doch völlig egal, es geht wohl nur um die Auswirkungen des schändlichen Treibens auf die unbeteiligten Dritten.
Passivhunde: Leute die in Hinterlassenschaften treten, oder schlimmer, die gebissen werden.
Passivübergewichtig: Schlanke, die höhere KV-Beiträge zahlen, weniger Platz im Bus und im Flugeug haben, etc..
Und „augleichende Gerechtigkeit im historischen Sinn“ ist Revanchismus und hat in unserem Rechtssystem keinen Platz.
Ich bin ausgesprochener Jazzhasser und würde jazzfreie Lokale, Kneipen und Straßenfeste absolut befürworten. Als Raucher kann ich nur sagen: Es stört mich nicht eim Rauchen, wenn Sie essen.
Wieder eine Minderheit, der es an den Kragen gehen soll: Besitzer von Zweitaktern
http://www.spiegel.de/auto/aktuell/0,1518,718217,00.html
Passiv-Radfahren nicht vergessen.