Selbstmitleid

Lisa BassengeLiebe Freunde der gepflegten Unterhaltungsmusik. Heute ist ein großer Tag für mich weil meine allererste Schülerin Caro die Aufnahmeprüfung für Jazzgesang an der Hochschule in Weimar bestanden hat. Im Zuge dieser ganzen Geschichte musste ich allerdings noch mal an meine Aufnahmeprüfung vor zig Jahren denken und wie glücklich und voller Hoffnung ich damals noch war. Ich erinnere mich zu diversen besorgten Familienmitgliedern gesagt zu haben: „Es ist mir egal, ob ich später mal Geld habe oder nicht, Hauptsache ich kann Musik machen. Dann esse ich halt mal ein paar Wochen etwas weniger.“

HAHAHA!!!! Wie naiv!

Es ist doch seltsam, das man als Kind und Jugendlicher immer denkt, es wird sich alles schon irgendwie ausgehen und man lebt dann genau das Leben, das man sich immer gewünscht hat. Und dann 10 Jahre später der Reality -check auf der Autohaus Gala in Wolfsburg oder ähnliches.
Obwohl, ich möchte mich eigentlich nicht beschweren. Es ist nur so, das mir manchmal der Idealismus etwas abhanden kommt, wenn ich mir die Einzelschicksale deutscher Jazzmusiker in meinem Umfeld ansehe.

Die genialsten und begabtesten sind meist auch die, die nie spielen weil sich niemand für den Kram interessiert, die mittelmäßigen unter ihnen greifen einen Job nach dem andern ab, sind aber unglücklich weil sie nicht die Musik machen können, die sie wollen. Trotzdem ist fast allen Musikern die ich kenne, der Humor nicht abhanden gekommen. Und das liebe ich. Ich glaube Wortwitz und geistreicher Unsinn sind unter Jazzmusikern Standard. Wie eine eigene Mentalität. Volksgruppe Jazzmusiker. Woher kommt das? Vielleicht schlägt sich der Improvisationsdrang auch im Sprachlichen Ausdruck nieder? Oder man befindet sich so oft in komplett absurden Situationen, das man einfach nur noch Witze machen kann. Ich weiß nicht. Auf jeden Fall bin ich immer noch froh über meinen Beruf. Denn auch wenn die Kohle manchmal nicht stimmt, zum ablachen gibt es immer einen Grund. Und das ist doch schön, oder?

Alles Liebe
Lisa Bassenge

Veröffentlicht am unter Blog thing

STOP OVER 3 - A Residency Program

1 Kommentar zu „Selbstmitleid“

  1. Das ist interessant.
    Ich hatte die gleiche Einstellung als ich die Aufnahmeprüfung gemacht habe (Klassik, Querflöte).
    Egal, ob ich Geld verdiene: Ich will Musik machen.
    Eigentlich will ich immer noch nicht reich sein, aber etwas mehr könnte es schon sein. Ist nicht immer einfach.
    Deshalb bin ich auch sehr vorsichtig geworden, meine Schüler zum Studieren zu motivieren.
    Das ist echt sehr zwiespältig. Meistens denke ich, es sollten nur die studieren, die nichts anderes wollen und auch auf dem Instrument Überflieger sind. Die anderen quälen sich doch nur und müssen sich durchschlagen.
    Aber mit einem Bürojob möchte ich immer noch nicht tauschen. ;)

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