Alexandra Lehmler

Stresstest

Ende März 2020: Corona-Pandemie und Lockdown sorgen dafür, dass das gesellschaftliche Leben in Deutschland nahezu vollständig zum Erliegen gekommen ist. Schulen und Kindergärten sind geschlossen, der berufliche Alltag spielt sich im „Home-Office“ ab, Kneipen, Gaststätten oder Restaurants haben ebenso zu wie Museen, Theater, Kinos oder Musikclubs. Stressige Zeiten – vor allem für freischaffende Kreative. „Damit es nach Corona weitergeht, schicke ich Infos über meine neue Platte“, schrieb die in Mannheim lebende Saxofonistin Alexandra Lehmler in einer Presse-Rundmail. „Die wird am 24. April veröffentlicht; ich hoffe, dass die Pressearbeit in diesen turbulenten Zeiten auch so funktioniert.“

Alexandra Lehmler (Foto: Felix Groteloh)

„Studiokonzert“ (Neuklang/in-akustik) heißt Lehmlers Platte. Aus gutem Grund: Die Baur Studios veranstalten seit einer Weile in ihren Räumen Konzerte, die „direct-to-2-track“ aufgenommen und als Vinyl-LPs veröffentlicht werden. Zur Livesession nach Ludwigsburg ist die Saxofonistin mit den Franzosen Franck Tortiller (Vibrafon) und Patrice Héral (Drums) sowie ihrem Ehemann, Matthias Debus (Bass), gereist.

„Als ich vor gut fünf Jahren vom Enjoy-Jazz-Festival die Ansage bekam, eine Band nach meinen Wünschen zusammenzustellen, war das meine Traumbesetzung“, so Lehmler.

Seitdem hat man viele Konzerte gespielt und 2017 das Studioalbum „Sans Mots“ herausgebracht. Dennoch war die Livesituation eine Art Stresstest für das Quartett. Lehmer und Debus hatten neue Kompositionen mitgebracht, die beim Konzert zum ersten Mal gespielt wurden, zudem sorgte das Aufnahmeverfahren, das keine Nachbearbeitung zulässt, bei den Musiker*innen für einen Adrenalinkick:

„Ich mag Liveaufnahmen viel lieber als Studioproduktionen, weil man im Konzert in einem anderen Flow ist als im Studio.“

Auf die Vinyl-LP haben es fünf Stücke geschafft, die in ihrer improvisatorischen Präsenz ganz dem akustischen Augenblick verhaftet sind und das Versprechen geben, dass die Zeit nach Corona zwar eine andere, aber nicht weniger spannend werden wird.

Text
Martin Laurentius
Foto
Felix Groteloh

Veröffentlicht am unter 134, Feature, Heft

Deutscher Jazzpreis 2025