Baby Sommer’s Brother- and Sisterhood
Der Geist und die Spielfreude
Die Brotherhood of Breath des südafrikanischen Pianisten Chris McGregor erlebte in den siebziger Jahren fulminante Erfolge, ist mittlerweile aber leider etwas in Vergessenheit geraten.
Zu denen, die die Band noch live erlebt haben, zählt der Schlagzeuger Günter Baby Sommer, der sich Jahrzehnte danach von diesem Erlebnis zu der Gründung einer eigenen Big Band veranlasst sah – eben Baby Sommer’s Brother- and Sisterhood.
„Die Band ist durch meine Verehrung von Chris McGregor’s Brotherhood of Breath entstanden“, bestätigt der Schlagzeuger aus Radebeul. „Ich halte aber nichts davon, alte Helden zu kopieren, das habe ich als Teenager zuletzt gemacht.“
Entstanden ist die Idee zur Gründung einer solchen Band schon vor mehr als zehn Jahren, aber erst Jahre später hat sie sich mit Unterstützung des Berliner Impresarios „Assi“ Glöde materialisiert und die Zeit ist natürlich nicht stehen geblieben. Deshalb entfernt sich Sommers Band zunehmend vom musikalischen Vorbild und hat eine entscheidende Variation im Bandnamen vorgezogen – der zeigt auch schon, dass Musikerinnen in ihr eine wichtige Rolle spielen. „Darum heißt meine Band auch Brother- and Sisterhood, denn dem Frauenanteil von fast 40 % wollen wir schon im Bandnamen Tribut zollen“, erläutert Sommer, der von einer Frauenquote allerdings gar nichts hält. „Ich muss betonen, dass ich keine Musikerinnen in die Band hole, nur, weil sie Frauen sind. Die musikalischen Fähigkeiten müssen schon besonders sein und zur Band passen, deshalb spielen bei mir eben gestandene Musikerinnen wie Anke Lucks, Silke Eberhard, Lina Allemano, Anna Kaluza und Maike Hilbig. Heutzutage gibt es zum Glück eine Menge davon.“
Als Sommers Karriere begann, waren Instrumentalistinnen im Jazz noch eine Seltenheit, es gab vornehmlich Sängerinnen und Pianistinnen. Carla Bley und Barbara Thompson hatten da international eine wichtige Vorreiterinnen-Funktion, in Deutschland kam diese Rolle zum Beispiel Angelika Niescier zu, die sicher vielen Frauen im Jazz die Tür weit aufgestoßen hat. „Ich habe ja zwanzig Jahre an der Hochschule in Dresden unterrichtet, da machte sich das in den letzten Jahren schon bemerkbar“, hat Sommer festgestellt, der in seiner Band allerdings nahezu ausschließlich Musikerinnen und Musiker aus Berlin versammelt. „Das optimiert zwar den Organisationsaufwand, aber eine Angelika Niesicer fällt da zum Beispiel raus.“
Die Brother- and Sisterhood hat in der Vergangenheit immer wieder spektakuläre Konzerte gegeben – etwa beim moers festival –, aber die vier Konzerte, die die Band Ende April und Anfang Mai in Saarbrücken, Greifswald, Magdeburg und Eberswalde spielt, sind etwas Besonderes. „Wir sind natürlich sehr froh, dass wir jetzt im April fast so etwas wie eine kleine Tour spielen können, denn die Band für einen einzigen Gig zusammenzuholen war doch immer etwas mühselig“, erzählt der Schlagzeuger. „Uli Gumpert, Raymond MacDonald und ich haben auch extra neue Stücke geschrieben.“ Das Publikum wird also nicht nur einer neue Songs hören, sondern auch einer aktuellen Besetzung begegnen – Maike Hilbig wird als festes Mitglied dazu stoßen.
Die neuen Stücke werden natürlich ausgedehnte freie Improvisationen enthalten, die in die klar komponierten Abschnitte integriert sind. Dabei muss jede Musikerin und jeder Musiker seine eigene improvisatorische Kreativität in den Mittelpunkt stellen und damit zum Gesamtklang des Ensembles beitragen. Das wird die neue Besetzung in abenteuerliche und unerforschte musikalische Gebiete führen – ganz so, wie es bereits für Chris McGregor’s Brotherhood of Breath maßgeblich war. „Ein einziges Stück von Chris McGregor haben wir noch im Repertoire, aber unsere Songs sind natürlich getragen von dem Geist und der Spielfreude der Brotherhood of Breath“, betont Sommer.
„Die Band hat ja Free Jazz, folkloristische Strukturen und einen fantastischen Groove miteinander kombiniert. Meine Stücke jedenfalls sind genauso angelegt.“
Jazz thing präsentiert
Baby Sommer’s Brother- and Sisterhood
10.04. Saarbrücken, FreeJazzSaar
30.04. Greifswald, Straze
02.05. Magdeburg, Gesellschaftshaus am Klosterbergegarten
03.05. Eberswalde, Guten-Morgen-Eberswalde