Carolyn Breuer
Mauern oder Windmühlen
Wenn der Wind des Wandels bläst, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen, heißt es in einem chinesischen Sprichwort. Der Satz hat Carolyn Breuer so gut gefallen, dass sie ihn an prominenter Stelle im Booklet ihrer aktuellen CD „Four Seasons Of Life“ (NotNowMom! Records) abgedruckt hat – womit auch klar sein dürfte, dass die versierte Saxofonistin sich für die Windmühlen entschieden hat.
In einem ungeheuren Kraftakt hat Breuer hier den Lauf des Lebens musikalisch umgesetzt, und Musiker wie Christian Gall, Henning Sieverts und Heinrich Köbberling, aber auch die komplette WDR Big Band oder Musiker des Orchesters des Staatstheaters am Gärtnerplatz standen ihr zur Seite.
„Das Album sollte alle meine Facetten beleuchten“, meint die Saxofonistin selbstbewusst,“das ging nur mit verschiedenen Besetzungen. Das Album war auch eine Art Therapie für mich.“ Eine längere Krankheit, der Tod ihrer beiden Großmütter, aber auch die Geburt ihres Sohnes führten Carolyn Breuer in den letzten Jahren durch ein Wechselbad der Gefühle. „Deshalb ist die Platte für mich wie die Zusammenfassung der letzten acht Jahre“, erzählt Breuer. „Als sie fertig war, war ich richtig erleichtert.“
Da gehört eine schlanke Bearbeitung des“Andante con Moto“ von Franz Schubert genauso dazu wie die monumentale Eigenkomposition „Heile Weltschmerz“, Astor Piazzollas „Oblivion“ oder das anrührende „Wintered“, bei dem ihr Lebensgefährte Christian Sudendorf an der Gitarre und ihr Vater, der Jazzposaunist Hermann Breuer, zu hören sind. Inspiriert wurde das Stück vom einstigen Nashville-Rebellen Steve Earle:
„Ich habe in den letzten Jahren Christians Plattenschrank geplündert“, erzählt Carolyn Breuer. „Vorher war ich ja sehr auf Jazz fokussiert, und jetzt hat mich die Musik von Steve Earle sehr beeindruckt. Wie er die Streicher einsetzt und sein Gitarrensound – und dann hat auch noch jedes Stück eine Botschaft. Davon können sich Jazzmusiker ruhig mal eine Scheibe abschneiden.“