Human Feel

Garagenband der Stars

Im Januar waren sie wieder in Europa unterwegs, spielten Club-Gigs wie in früheren Zeiten, als sie noch in Boston ein Zimmer teilten und ihre ersten gemeinsamen Projekte wagten.

Human Feel

Selbstverständlich ist das nicht, denn Chris Speed, Andrew D‘Angelo, Kurt Rosenwinkel und Jim Black sind längst auf großen Bühnen unterwegs. Human Feel jedoch ist für alle ein ästhetischer Rückzugsraum. „Proben müssen wir nicht, wir treffen uns und spielen einfach“, meint Rosenwinkel.

„Wir kennen uns so gut, dass es keine weiteren Absprachen braucht. Und es ist ein demokratisches Projekt. Jeder bringt Musik mit, und wir machen gemeinsam etwas daraus.“

Nur eben nicht so oft, weil alle sehr beschäftigt sind. Immerhin ist das Vorgängeralbum „Galore“ bald 14 Jahre alt. Angesichts solcher Veröffentlichungszeiträume könnten die Beteiligten bei der nächsten Runde schon mit dem Alterswerk kokettieren. Allerdings geht es auch nicht um dokumentierte Kontinuität.

Human Feel ist ein Quartett ohne Vorgabe, eine Art Garagenband der Stars, die nun auf „Gold“ (Intakt/Harmonia Mundi) viel mit frei fließenden Assoziationen arbeiten kann:

„Sicher gibt es die Kompositionen, aber das Meiste entwickeln wir spontan. Und das ist schon etwas Besonderes, weil wir uns ganz aufeinander verlassen können.“

Rosenwinkel hat dabei den Part der harmonischen Fundierung, die er gewohnt farbenreich und fein schattiert ausführt. Zusammen mit Blacks opulenzerprobtem Kraftschlagzeug und ohne die übliche Sicherheit eines Basses schafft er eine ebenso offene wie lenkende Struktur der Klangorientierung, auf der die beiden Saxofone mal wild eruptiv, dann wieder elegisch langtönig aufbauen. Manches wirkt songhaft kompakt, die meisten Stücke aber sind eher Intuitionsfelder eines gemeinsamen musikalischen Prozesses. Aufgenommen wurde 2017, übrigens zum zweiten Mal, weil die erste Fassung der Bänder auf rätselhafte Weise verschwunden ist. Diese Geschichte will Rosenwinkel allerdings nicht erzählen. Eine Band braucht auch Geheimnisse.

Text
Ralf Dombrowski

Veröffentlicht am unter 128, Feature, Heft

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