Joo Kraus
Das Dur-Gefühl
Bei Joo Kraus weht ein Wirbelsturm durchs Wohnzimmer, textlich prominent platziert im ersten Stück seines gleichnamigen Albums „We Are Doing Well“ (o-tone/edel) und in der remixten Reprise vor dem Hidden Track.
„Ich saß bei mir im Wohnzimmer auf dem Sofa und hatte mit einem Mal das Gefühl, dass um mich herum alles wirbelt: die Nachrichtenlage, meine Kinder mit ihren Ideen wie ‚kein Fleisch essen, Second Hand‘ – die ganze Welt wirkte in Bewegung“, erinnert sich der Trompeter, Sänger und Komponist. Es war nicht unangenehm, eher ein Innehalten und Bewusstwerden, das in einen Song mündete. Denn Joo Kraus ist niemand, der in den Chor der Melancholiker einstimmt:
„Irgendwann im Frühling zum Beispiel hat mir ein Freund ein Album von den Crusaders empfohlen. Ich habe es viel gehört und mich an die Musik der Siebziger erinnert: wie das klang, etwa mit den Streichern, dünner gemixt, einer markanten Bassline, die Stücke in Dur.“
Es war eine Zeit, in der der Club of Rome die Grenzen des Wachstums anmahnte, die Ölkrise die Autobahnen entleerte, der drohende Atomkrieg über allem schwebte und trotzdem die Musiker nicht auf die Idee kamen, den Optimismus aufzugeben. Eine Haltung, mit der sich Joo Kraus und seine an sich sehr heterogene Band anfreunden können: „Veit Hübner ist Kontrabassist, durch und durch. Torsten Krill kommt eher vom Rock, Ralf Schmid ist eigentlich das komplette Gegenteil. Aber genau so geht das gut.“
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Das Quartett kennt sich seit mehr als 15 Jahren, seit einer gemeinsamen Tour als Begleitband der jazzenden Nana Mouskouri. Es hat bislang drei gemeinsame Alben veröffentlicht, auch wenn alle Musiker in zahlreichen Projekten beschäftigt sind. Denn es ist ein Freundeskreis, der sich mit viel Vergnügen der Mischung aus Soul und Pop, jazztönendem Songwriting und kniffeligen Arrangementdetails widmet. So entsteht Musik mit Dur-Gefühl, mit latenter Feierlaune, weil man Musik überhaupt erleben kann. Zur Not eben als Wirbelsturm im eigenen Wohnzimmer.