Leon Bridges

Lob der Einfachheit

Der 26-jährige Soul- und Gospelsänger Leon Bridges ist so etwas wie die Reinkarnation von Sam Cooke oder Otis Redding. Es sind aber nicht nur seine Songs, die sich anhören, als stammten sie direkt aus den 50er- und 60er-Jahren, aus der Glanzzeit des Rhythm & Blues: Auch sein Vintage Look und seine Bühnenpräsenz tragen zu diesem Eindruck bei.

Leon Bridges (Foto: Rambo)

Ende Mai trat er im Grünen Salon der Berliner Volksbühne auf – inklusive Backgroundsängerinnen und fabelhafter Band. Am Tag nach seinem Konzert treffe ich Leon in einem hippen Hotel an der Grenze zwischen Kreuzberg und Friedrichshain.

„Ich habe vor vier Jahren angefangen, Songs zu schreiben – so etwas in der Art wie Modern R&B. Ein Freund fragte mich, ob Sam Cooke meine Inspiration sei. Ich hatte noch nie einen Song von ihm gehört, aber er war mir natürlich bekannt. Ich schaute mir daraufhin alte Videos von ihm und den Temptations und Motown an und erkannte, dass genau das die Musik ist, die ich machen wollte. Ich finde, dass heute vieles übertrieben wird. Ich liebe die Einfachheit.“

Auf seinem Debütalbum „Coming Home“ (Columbia/Sony) kann man daher auch eine ins Hier und Jetzt transportierte Neuauflage dieser klassischen Soulpioniere entdecken. Und in der Verbindung mit den zehn von ihm selbst geschriebenen Songs ist hier ein kleines Meisterwerk des „echten“, naturbelassenen Soul entstanden.

„Vieles von dem, was ich schreibe, entstammt meinen Wurzeln in New Orleans. Ich bin zwar in Texas aufgewachsen, aber meine Familie stammt aus New Orleans. ‚Shine‘ zum Beispiel habe ich an Weihnachten geschrieben, als mir langweilig war. Als ich den Song meiner Mutter vorspielte, meinte sie zu mir, dass ich wie ein alter Mann klänge.“

In seinem Fall ist das sicher als Kompliment zu verstehen.

Leon ist im September wieder zurück in Europa und spielt auch einige Konzerte in Deutschland. Diesmal wird es sicher ein weiter gestiegenes Interesse an seiner Musik geben – nach seinen beiden Demos im letzten Jahr und über 800.000 Aufrufen auf Soundcloud für seine Songs „Coming Home“ und „Lisa Sawyer“ (benannt nach seiner Mutter) wurden gleich über 40 Plattenlabels auf ihn aufmerksam, und Columbia Records machte schließlich das Rennen.

Text
Matthias Kirsch
Foto
Rambo

Veröffentlicht am unter 110, Feature, Heft

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