Meer Rebekka!
Mit Rebekka Bakken zu Gast bei Wolfgang Muthspiel, Teil 1
Rebekka widmet sich konzentriert der Vorspeise, nennen wir sie „Toast Kaviar à la Bakken“. Wie Rebekka meint: ein Familienrezept. Feingekörnter Kaviar (Lodderogn von den Lofoten), Crème fraîche, gehackte rote Zwiebeln, Dill und Toastbrot sind im Spiel. Die Pfanne kriegt entzündete Gashitze von unten. „You have to roast the toast with butter. It keeps it rösch (österreichisch = knusprig)“, ist von der Chefin mit entschiedener Gestik zu vernehmen. Hm, es duftet nach karamellisierten Röststoffen. Im Nu ist das Werk vollbracht. Der orangefarbene Fischrogen glänzt in fester Farbe. Die Weiche des Kerzenlichts schafft Aura. Gelbtöne. Draußen rumort der warme September, auch in der Nacht. Bereits Richard Strauß hatte ein Faible dafür. Drinnen setzen wir uns alle gemeinsam an den Tisch und zelebrieren den Menübeginn. Rebekka stellt den ersten Wein ihrer Wahl vor: Riesling vom Gaisberg, 1. Lage, 2010er Kamptal Reserve vom Weingut Schloss Gobelsburg.
Nach einem ersten Schluck werden Gabel und Messer gezückt oder wird mit der nackten Hand dem Toast auf den Leib gerückt. Das Brot knuspert, die Gegensätze der Zutaten vermengen sich zu einem äußerst reizvollen, homogenen Gesamteindruck. Sappradi, das passt. Mein lieber Herr Gesangsverein! Noch ist es nicht so weit, dafür sind alle zu nüchtern und abgelenkt vom Genuss. Vergnügen allerseits. Ein formidabler Start. Zurück in der Küche, ist erst einmal Zigarettenpause angesagt. Währenddessen nehme ich das Rogengläschen unter die Lupe. „Lodderogn Masago Orange“ lese ich in großen Buchstaben, das Kleingedruckte überlese ich beflissen. Gut vorstellbar ist natürlich auch anderer Kaviar, z.B. von Seehase, Lachs, Forelle, Saibling, Hecht, Maräne und Stör. Alles abhängig von Geldbeutel, Vorlieben und Ausprobierlust wie Verfügbarkeit. Die Größe der Eier ist nicht ganz vernachlässigbar, desgleichen Geschmack und Konsistenz. Ach.
Dieses war der erste Streich, und der zweite folgt sogleich. Klopfen wir auf den Busch, um herauszufinden, was es mit der geapfelten Austernsuppe auf sich hat. Ein Apfel kann adeln, z.B. ein vitaminreicher Berlepsch oder ein norddeutsches Prunkstück namens Finkenwerder Herbstprinz. Ohne Fehl und Tadel. Rebekka schwört für diese Suppe auf die Sorte Granny Smith. Grün ist die Farbe der Hoffnung. Und die besteht darin, sich beim Öffnen der Austern nicht das Austernmesser in die Hände zu hauen. Blut wollen wir keines sehen. Jeder darf mal ran. Die erste selbstgeöffnete Auster, mein linker Daumenballen zittert. Vertrauen in die Vorsicht steigert ab und an die Konzentration aufs Wesentliche. Rebekka bemustert jede geöffnete Auster mit Auge und Nase. Kontrolle ist unabdingbar. „Für vier Leute 10 cm Staudensellerie“, beschreibt die Sängerin, „wir brauchen jetzt einen knackigen Wein dazu.“
Die geknackten Austern lächeln imaginär. Die angeschwitzten Zwiebeln duften herrlich. Der Zauberstab kommt zum Einsatz. In die pürierte Suppe schüttet Rebekka vorsichtig die kleingeschnittenen Apfelstücke. Fertig. Im zart-rosa Tellerporzellan dampft es feinst. Ein zurückhaltender, aber bestimmender Austerngeschmack tanzt im Mund sanfte Wegfolgen. Die Festigkeit der Apfelstücke bildet den Gegenpol. Rebekkas Familienrezepte trumpfen auf. Chapeau!
Was kredenzt uns die universale Edelfrau für einen alkoholischen Traubensaft dazu? Neugierde steigt auf. Mit Betonung und Akzent auf die zweite und dritte Silbe. Ein Grüner Veltliner, Gottschelle 1. Lage, Kremstal Reserve 2010er vom Stift Goettweig (das Weingut der Benediktiner). So wie Wolfgangs Gesicht strahlt, trifft das genau seinen Geschmack. Mönche im Spiel. Wir recken die Hände gen Himmel. Rebekka lacht lauthals, Wohligkeit türmt sich auf. Wie soll das noch gekrönt werden? Das erfahren Sie in der nächsten Ausgabe mit Krebsen von Frøya, einem wilden Salatmix aus mütterlicher Hand mit diversen Dipps und einem Nachtischangebot, das sich gewaschen hat.
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