Norwegisch-Bergisch
Interkulturelles Kochen mit Solveig Slettahjell und Julian & Roman Wasserfuhr
Eine Fuhre Wasser wird geliefert, sprich Julian und Roman sind an der Reihe mit ihrem Bergischen Leibgericht. Mit umgebundenen Schürzen jagen die beiden auf den Spuren der Blutwurstgenesung. „Verdaue, also bin ich“ (Coquo ergo sum), könnte man Romans Schürzenbildnis übersetzen, während Julian eher in der Tarzanschürze nach Jane lockt. Ich bin gespannt auf den Pfannenhasen.
Romans Messerhaltung erinnert mich an das Lied vom Fingertod. Ich sollte Eingreifen, aber Julian lenkt mich geschickt ab, indem er mir von seinen Kochkünsten erzählt. „Ich bin spezialisiert auf Eierspeisen, insbesondere aufs weiche Ei.“ Ich fühle mich zwischen Himmel und Erde gesteckt. Paradiesfruchtkompott. Vivian forciert die Apfelung. Roman fragt seine Managerin: „Kann ich dir helfen?“ Nach kurzer Intervention werden die Äpfel noch dünner gescheibelt.
Unterdessen brät der gebruderte Pianist Zwiebeln und Speck an wie von langer Hand geplant. Man stürzt sich in die Kompottbildung hinein. Ein brüderlicher Komplott wird geschmiedet. Solveig ist außen vor und gießt das Kartoffelwasser ab. Nun hilft das Pfannenfett der Bratkartoffelwerdung. Zu Tisch bitte. Julian und Roman servieren ein Zunft Kölsch aus Wiehl (das einzige Bergische Bier, das es noch gibt – www.zunft-koelsch.de).
Ich spüre trotz Kühlung die Wärme der Kupferkessel. Dann findet die Konzentration auf die Wurst statt. Beeindruckend ist der Geschmack der selbst hergestellten Panhas mit Bratkartoffeln und Apfelkompott. Ein Prosit auf die jungen Männer aus dem Bergischen Land. Der Einsatz und die Reise nach Berlin haben sich gelohnt.
Mittlerweile haben wir herausgefunden, dass Solveig aus Zeitgründen bereits in Dosen konservierte Entenschlegel benötigt, um weiter zu werkeln. Gesagt, getan. Vivian stürzt sich in die Suche nach einer solchen Konserve in Berlin und meldet sich per Telefon nach einigen Minuten, um sich das Okay von Solveig zu holen für zwölf Entenschenkel im eigenen Fett in der Dose. Die Mutter von zwei Söhnen hadert etwas mit der gekühlten Konservenware. Das Fett ist erstarrt und kaum vom Schlegel zu trennen. Kommt Zeit, kommt Rat. Vereint in der Lösungsfindung klappt die Erwärmung, die das Trennen erst ermöglicht. „I thought it’s going to take years“, offenbart Solveig erleichtert.
Zwiebeln werden geschnitten, die Apfelscheiben in Entenfett gebraten und zusammen mit den Zwiebeln angeschmort. Zu den zermanschten, gekochten Kartoffeln sowie der Prise Muskatnuss … „Laaaaaaaa“ – schon ist sie reingefallen, die kleine störrische Nuss! Rausgefischt und ab mit der Butter und dem Salz in die Frucht von Columbus Gnaden. Solveig verdreht die Augen.
Nach einer Weile ist es so weit, die Teller werden gefüllt und vereint serviert. Köstlich. Der Van Volxem, Alte Reben 2008er, vervollständigt das Gelage und verschmilzt mit dem Entenfett zu einer Einheit. Wenn Sie einen roten Wein dazu trinken möchten, empfiehlt Solveig einen Ripasso oder Amarone. Meine Favoriten sind der Ripasso della Valpolicella Superiore D.O.C. und der Amarone della Valpolicella von Torre d‘orte, Marcellise, Veneto.
„Cleaning is not part of the job, right?“, entfährt es der singenden Köchin. Wir unterhalten uns darüber, wie schwer es ist, inhaltlich und sprachlich gute Jazzkritiken zu schreiben, es allen recht und billig zu machen. Verstärkte Nachtischforderung wabert wolkenverdeckt im Reich des Jazzjournalismus. Zuvor müssen wir uns von unserer Konservenkönigin verabschieden, der Soundcheck ruft nach ihr. Solveig findet es wahnsinnig schade, dass sie jetzt schon gehen muss. Wir auch. „Blackbird singing in the dead of night“: Vivians Kuchen findet großen Gefallen und bietet den perfekten Abschluss.
Überinformation ist die Reblaus der Neuzeit.
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