RIP: John Tchicai
Mit Don Cherry und Archie Shepp hatte der afro-dänische Saxofonist John Tchicais Anfang der 1960er-Jahre die New York Contemporary Five gegründet, ein Ensemble, das besonders durch die gleichzeitige Improvisation der drei Bläser auffiel. Nach seinem temporären Umzug von Kopenhagen nach New York entstand 1963 Tchicais New York Art Quartett und schließlich findet man ihn auf legendären Alben wie „Four For Trane“ unter Leitung von Shepp, John Coltranes „Ascension“ und Albert Aylers „N.Y. Eye And Ear Control“. Tchicai vertrat unter den „Fire Music“-Bläsern von Anfang an eine lyrisch betonte und im Unterschied zu den überblasenen Schreien vieler Kollegen eine eher zurückhaltende, kühlere Spielweise.
Tchicai verbrachte sein Leben nicht nur auf den Bühnen des sich authentisch gebärdenden afroamerikanischen Jazz, ganz besonders interessierte ihn auch die rasante Entwicklung der improvisierten Musik, wie sie etwa bei Misha Mengelberg und Irène Schweizer oder auch bei den südafrikanischen Exilmusikern in Europa zu erleben war. So war er bis zuletzt dem Frankfurter Projekt „Jazz gegen Apartheid“ verbunden. „Wish You Sunshine“, eine Komposition des südafrikanischen Bassisten Johnny Dyani zeugte in seinem Repertoire von jener Kontinuität wie auch die Zusammenarbeit mit Makaya Ntshoko, der zusammen mit Tchicai, Schweizer und Buschi Niebergall 1975 für einen spektakulären Auftakt des ersten Willisau-Festivals sorgte. Vom dänischen Staat mit einem lebenslangen Stipendium finanziell bestens versorgt, lebte Tchicai lange in Kalifornien, die letzten Jahre war der gelernte Koch und studierte Musiker im südfranzösischen Perpignan zuhause. Von einem zu spät behandelten Schlaganfall, den er im Juni erlitt, hatte sich John Tchicai nicht mehr erholt. Am 7. Oktober ist er im Alter von 76 Jahren gestorben.