RIP: Urs Widmer
„Die Seelen haben zu nahe am Wasser gebaut“, sprach der Schriftsteller Urs Widmer, der zusammen mit dem Bassklarinettisten Michael Riessler ein sonderbares Duo hatte. Widmer rezitierte düstere Albtraum-Texte über Pelzmücken, Mauerbienen, Murmeltiere und Horrordetails des Sterbens. Riesler entwarf dazu musikalische Hoffnungsschimmer. Seit der erfolgreichen Premiere vor zehn Jahren auf Schloss Elmau, haben die beiden ihr Programm immer mal wieder aufgeführt, vor fünf Jahren erschien „Das Buch der Albträume“ auch auf CD.
„Ich weiß nicht, ob es literarisch interessant ist, aber ich habe schon immer Jazz geliebt. Die Musik war und ist immer sehr dominierend gewesen. Ich habe ein sehr intensives Gefühl, dass meine Sachen sehr viel mit Melodie, Rhythmus und Struktur zu tun haben,“ sagte Widmer dem Autor im Interview. „Für mich sind das eher ganz besondere und sehr inspirierende Ausnahmen, wenn ich mit einem Musiker zusammen auftrete. Ich schreibe immer mit Musik, muss aber das Geständnis machen, dass nicht jede Musik geeignet ist. Weberns ist nicht geeignet, Mozart seltsamerweise gut, ,La Belle Hélène‘ von Offenbach eignet sich außerordentlich – und Jazz. Charlie Parker, Teddy Wilson, Benny Goodman, Erroll Garner – ich will ja schreiben, das hat nichts mit Hörgenuss zu tun. Ich habe aber gern die Stützung durch Musik.“
Bekannt wurde er 1968 mit seiner Erzählung „Alois“, zuletzt erschien die Autobiografie seiner ersten 30 Lebensjahre unter dem Titel „Reise an den Rand des Universums“. Am 2. April ist Urs Widmer nach schwerer Krankheit im Alter von 75 Jahren in Zürich gestorben.