NRW: Jazz We Can
Auf der jazzahead!, die am vergangenen Sonntag zu Ende gegangen ist, wurde nicht nur die Jazzstudie 2016 diskutiert und in einem europäischen Rahmen präsentiert, sondern auch eine Untersuchung vorgestellt, mit der versucht wird, die Jazzszene Nordrhein-Westfalens in den Blick zu nehmen: als Teil von kreativ-wirtschaftlichem Handeln. Im Auftrag des NRW-Wirtschaftsministeriums haben der Geschäftsführer des Vereins NRWJazz, Bernd Zimmermann, und der Redaktionsleiter dieser Internetplattform, der Musikwissenschaftler und Journalist Stefan Pieper, das Jazzland NRW empirisch untersucht und Musiker, Publikum und Veranstalter befragt. Am 22. April haben die beiden auf der Messe Bremen ihre Ergebnisse vorgestellt. Die Fragebögen, gesammelten Daten und Zahlen gibt es auf NRWJazz-Site, für die Analyse ist eine 44-seitige Broschüre gedruckt worden, die den etwas altbacken albernen Titel „Jazz We Can“ hat.
Von den 200 durch Zimmermann und Pieper kontaktierten Veranstaltern in NRW haben gerade einmal 28 (sic!) die Fragen beantwortet. Immerhin 128 von 500 angeschriebenen Musikern haben den Fragenbogen zurückgeschickt. Kontrollfragen sollten sicherstellen, dass es sich tatsächlich um professionelle Jazzmusiker und um Clubs mit Schwerpunkt auf Jazzkonzerte handelt. Bei der Publikumsbefragung haben die beiden Autoren in Clubs und auf Festivals erst die Besucher persönlich vor Ort gesprochen und befragt, bevor man den Fragenkatalog online veröffentlicht hat; mit einer Rückläuferquote von insgesamt 303 ausgefüllten Fragebögen. Das Segment „Kultur- und Kreativwirtschaft“ stand im Mittelpunkt – zum Beispiel Musiker nach deren Verdienstmöglichkeiten, Veranstalter nach der Werbung für die Konzerte oder das Publikum danach zu befragen, wie es über das Konzertleben vor Ort informiert wird.
Ein Blick in die Literaturliste von „Jazz We Can“ zeigt, was dieser „Analyse des Jazz in Nordrhein-Westfalen“ (so der Untertitel) fehlt. Zwar haben die Autoren den Report „Musik Life – Die Spielstätten für Jazz und Aktuelle Musik in Nordrhein-Westfalen“ gelistet. Doch weder das Buch „Jazz in Nordrhein-Westfalen seit 1946“ wird darin genannt noch Robert von Zahns „Jazz in Köln“ und ähnliche Publikation aus Dortmund oder Wuppertal. Auch haben sie weder die WDR-3-Sendereihe „Jazzstädte – Ein kulturpolitischer Report“ von Michael Rüsenberg noch den Jazz-thing-Spielstättenreport vor drei Jahren erwähnt, in dem mit insgesamt fünf Clubs aus NRW (unter anderem Stadtgarten Köln und Domicil Dortmund) die – auch kreativwirtschaftliche – Bedeutung dieser Landeszene unterstrichen worden ist. Hätten Zimmermann und Pieper diese Veröffentlichungen gelesen und gehört, dann hätten sie zum Beispiel differenzierter auf die Finanzierungen der NRW-Clubs eingehen und sich die Frage beantworten lassen können, ob ein Club institutionell oder nur projektbezogen durch die öffentliche Hand gefördert wird; ein wichtiger Aspekt, wenn es um Planungssicherheit geht. So aber beschreiben die Autoren zwar verschiedene Symptome einer Szene und schlagen Strategien und Konzepte vor, ohne jedoch zu sagen, wie diese Szene zu dem werden konnte, was sie heute ist. Vulgo: Die historische Entwicklung und der Status quo der Jazzszene in NRW hätten den Zahlen von „Jazz We Can“ tatsächlich ein Fundament gegeben. Die Broschüre „Jazz We Can – Eine Analyse des Jazz in Nordrhein-Westfalen“ gibt es auf der Site von NRWJazz als PDF zum Download.
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