RIP: Rudy van Gelder

Zum Tode von Rudy van GelderRudy van GelderMan sollte lieber gleich ein Taxi dorthin nehmen, antwortete der Bassist Ron Carter auf die Frage, wie man am besten nach Englewood Cliffs, New Jersey, kommt. Dabei war Rudy van Gelders legendäres Tonstudio eigentlich gar nicht so weit von Manhattan entfernt, auf der anderen Seite der George Washington Bridge war das große, fast fensterlose Holzhaus an einer öde anmutenden Ausfahrtstraße hinter einer kleinen Einfahrt versteckt. Sein Pick-up stand vor dem Haus, und wenn der Postbote aufs Grundstück fuhr, ging eine Alarmanlage los.

Nur wenig hatte sich seiner Meinung nach verändert, seitdem hier 1964 die Aufnahmen für „A Love Supreme“ stattfanden, berichtete van Gelder, als ich ihn vor acht Jahren besuchte. Die Treppe, auf der Coltrane einst saß und fotografiert wurde, führt zu den über dem Studio gelegenen Wohnräumen. Bis ins hohe Alter war er als Tontechniker tätig, 2009 wurde ihm eine ungewöhnliche, meist Musikern vorbehaltene Auszeichnung zuteil: „The National Endowment For The Arts“ (NEA) kürte ihn zum „NEA Jazz Master“. Es handelt sich dabei um die offiziell höchste Auszeichnung, die in den USA für den Jazz vergeben wird.

In den 1950er- und ’60er-Jahren wurde van Gelder besonders durch seine Aufnahmetätigkeit für den Blue-Note-Produzenten Alfred Lion bekannt. Horace Silvers „Song For My Father“, Herbie Hancocks „Cantaloupe Island“ und Art Blakeys „Blues March“ sind nur einige der von ihm aufgenommen Klassiker aus dem Blue-Note-Katalog. Für die Beliebtheit und Akzeptanz van Gelders in Musikerkreisen sprach, dass es immer wieder auch ihm gewidmete Kompositionen gab. Der Pianist Thelonious Monk nahm bereits 1953 „Hackensack“ auf, als das Studio noch im Wohnzimmer von van Gelders Elternhaus in Hackensack, New Jersey, gelegen war. Monk, Rollins, Coltrane und Davis kamen nach Hackensack, um in seinem Studio aufzunehmen.

Die Produzenten waren für das Programm verantwortlich, berichtete van Gelder; bei ihm drehte sich alles darum, ob der Sound der Band so gut wie möglich aufgenommen wird. Er kümmerte sich darum, ob die Mikrofone richtig stehen und die Pegel stimmen. Die Produzenten brauchten damals nur einen Lautsprecher, um die Musik ihrer nächsten Platte zu hören, erzählte van Gelder. Alle Entscheidungen über die Balance und über das Klangergebnis wurden auf der Basis einer Mono-Aufnahme getroffen. Noch bis weit in die Stereo-Tage hätten die Jazzproduzenten Mono gehört, selbst noch in Englewood Cliffs, als van Gelder bereits Zweispuraufnahmen machte. Als keiner mehr Mono hören wollte, nahm man die Zweispuraufnahmen und veröffentlichte sie als Stereo.

Um ein Meisterwerk zu schaffen brauche man große Musiker und originelle Produzenten, die ihr Handwerk verstehen, so van Gelder. Er selbst habe nie für andere Studios gearbeitet, hatte immer die volle Kontrolle über sein Equipment und die Räumlichkeiten. Als er begann, gab es keine Ausbildung für seinen Beruf. Er brachte sich alles selbst bei, und im Studio habe er es so eingerichtet, dass die Musiker sich während der Aufnahmen wohlfühlen und so gut wie möglich klingen können. Dass die Umgebung, die Atmosphäre und das Raumgefühl für das Gelingen einer Aufnahme entscheidend sind, blieb bis zum Schluss sein Motto. Am 25. August ist Rudy van Gelder im Alter von 91 Jahren gestorben. Text: Christian Broecking

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Christian Broecking
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Arne Reimer

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