Enjoy-Jazz-Eröffnung: Mashrou' Leila

Eröffnung von Enjoy Jazz: Mashrou' LeilaMashrou‘ LeilaEs war tatsächlich eine Art „Erwachen“, als vor fast sechs Jahren ab Dezember 2010 Studierende und junge Intellektuelle in der arabischen Welt gegen die teils despotische, restriktive Politik in ihren Heimatländern aufbegehrten. Wie ein Flächenbrand setzten diese von den westlichen Medien als „Arabischer Frühling“ (die jugendlichen Protestler sprechen lieber von „Arabellion“) bezeichneten Proteste fast alle Staaten von Tunesien und dem Maghreb ausgehend über den Nahen Osten bis hin zur arabischen Halbinsel unter Feuer. Teils mit weitreichenden, auch geopolitischen Folgen. Vor allem in Syrien ist ein blutiger Bürgerkrieg entbrannt, dessen Ende bis heute nicht abzusehen ist und der zudem Auswirkungen auf die „westliche Welt“ bzw. Europa hat: Nicht erst seit Sommer 2015 fliehen die Menschen vor dem Grauen des Bürgerkriegs in ihrer Heimat nach Europa. Dieser Flüchtlingsstrom hat den politischen Diskurs auch in Deutschland verschärft und hierzulande den Aufstieg rechtspopulistischer Parteien wie der AfD begünstigt.

Umso wichtiger ist das Zeichen, das das Festival Enjoy Jazz in der Rhein-Neckar-Region mit seinem Auftaktkonzert am 2. Oktober setzt. „Eines der schönsten Beispiele dafür, dass Ideologien durch die Lebenswirklichkeit unterlaufen werden können und wie die Lebenswirklichkeit in der Kunst ihren Widerhall findet, kann dieses Jahr beim Eröffnungskonzert von Enjoy Jazz mit Mashrou‘ Leila live erlebt werden“, schreiben die Veranstalter in ihrer Konzert-Ankündigung. Kennengelernt haben sich die fünf Musiker an der „American University“ in der libanesischen Hauptstadt Beirut. Seitdem gelten sie als musikalische Wegbegleiter des Protestes in der arabischen Welt. In nächtlichen Jamsessions haben die Mitglieder von Mashrou‘ Leila (auf Deutsch in etwa: „nächtliches Projekt“) mit der grenzüberschreitenden Kombination aus harschem Rock, den Traditionen arabischer Musik und des Jazz experimentiert und singen bis heute unverblümt über das, was sie als junge arabische Intellektuelle bewegt: selbstbestimmte Sexualität, religiöse Freiheit und politisches Aufbegehren, das Recht auf Party und Eigensinn; eine Selbstverständlichkeit im Westen, ein couragiertes künstlerisches Statement im Nahen Osten. Beim Eröffnungskonzert am 2. Oktober in der Stadthalle Heidelberg wird das Quintett mit dem schwedisch-türkischen, in New York lebenden Saxofonisten, Festivalmacher und Labelbetreiber Ilhan Ersahin auf der Bühne stehen. Als Support konnte das Mehmet Ungan Trio von der mit Enjoy Jazz eng verbundenen Orientalischen Musikakademie Mannheim verpflichtet werden. Alle Infos zum Eröffnungskonzert und dem restlichen Programm von Enjoy Jazz gibt es auf der Festival-Site im Internet.

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Enjoy Jazz

Text
Martin Laurentius
Foto
Yassine Toumi

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