RIP: Hugh Masekela
„Verse 1“, die LP mit dem bunten Plattencover, ist auch trotz sporadischer Neu-Auflagen stets vergriffen. Bereits 1960 war sie eine Sensation: Die erste Platte, die von einer schwarzen Jazz-Band in Südafrika aufgenommen wurde. Zu den vom Pianisten Dollar Brand (Abdullah Ibrahim) gegründeten Jazz Epistles gehörten damals auch der Schlagzeuger Makaya Ntschoko und der Trompeter Hugh Masekela, die später im Exil in New York, London oder Basel unter der Apartheid in ihrer südafrikanischen Heimat litten.
Arbeitslosigkeit, Armut und Aids sind zwar auch im heutigen Südafrika längst nicht im Griff, akzeptabler Wohnraum fehlt für die Mehrheit der Bevölkerung, das Berufsausbildungssystem kommt nur schleppend voran, auch die Post-Apartheid-Generation verbreitet nur sehr vage Zuversicht. In ihrem Standardwerk „Soweto Blues. Jazz, popular music and politics in South Africa“ hat die englische Musikjournalistin Gwen Ansell die äußerst komplexe Geschichte des Jazz vor und nach der Apartheid geschrieben. Die Tatsache, dass nur wenige von den Hunderten südafrikanischer Jazzmusiker, die sie für ihr Buch interviewte, auch international bekannt wurden, wirft ein Licht auf die schwierige Situation weit über 25 Jahre nach Überwindung der Apartheid.
Ob nun der Sänger Tsepo „Village Pope“ Tshola oder der Jazzgitarrist Lucky Ranku, viele südafrikanische Sänger und Musiker waren während der Apartheid als musikalische Botschafter des „African National Congress“ (ANC) im Exil unterwegs, der Pianist Abdullah Ibrahim war nur einer der bekanntesten unter ihnen. Dank des von Hugh Masekela gegründeten „Musicians and Artists Assistance Prgramme, South Africa“ gelang es nicht nur dem Trompeter selbst, jahrzehntelange Alkohol- und Drogenabhängigkeit zu besiegen. Masekela wollte auch dazu ermutigen, den Mangel an Selbstvertrauen zu überwinden, die Südafrikaner sollten sich dringend von dem Irrtum befreien, dass sie es selbst nicht schaffen könnten.
In seiner Autobiografie „Still Grazing: The Musical Journey of Hugh Masekela“ beschreibt Masekela die Stationen seines musikalischen Lebenswerks – von seinen ersten musikalischen Schritten mit Dollar Brand und Miriam Makeba Ende der 1950er-Jahre, seinen großen Erfolgen im amerikanischen Exil, sein gesellschaftliches Engagement für die Freilassung Mandelas und gegen AIDS, bis zu seiner jungen südafrikanischen Band, mit der er noch 2015 das Enjoy-Jazz-Festival eröffnete. Masekelas Komposition „Soweto Blues“ in der Version seiner einstigen Ehefrau Miriam Makeba erinnert an die gewaltsame Niederschlagung der Schüler-Demonstrationen von Soweto, die 1976 zu einer landesweiten Protestbewegung gegen die Apartheidspolitik führte, seine Komposition „Bring Him Back Home“ wurde Ende der 1980er-Jahre zur Hymne für die Freilassung Nelson Mandelas. Trotz grundlegend veränderter Bedingungen glaubte der große südafrikanische Trompeter und Komponist bis zuletzt an die Kraft politischer Botschaften in seiner Musik. Am 23. Januar ist Hugh Masekela in Johannesburg einem langjährigen schweren Krebsleiden erlegen. Er wurde 78 Jahre alt.
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Hugh Masekela