Nürnberg: NUEJazz Festival
Vor gar nicht langer Zeit poppten in verschiedenen Städten Großbritanniens junge Szenen fast gleichzeitig an die Oberfläche. Zumeist jüngere Jazzmusiker waren dabei, aber auch viele DJs, Elektroniker und MCs. Zieht man den Fokus enger, so stellt man fest, dass London im Mittelpunkt dieser „neuen“ Jazzbewegung ist. Zieht man den Fokus noch etwas enger und schaut auf den Süden dieser Metropole, dann konnte man in den vergangenen anderthalb Jahren eine dieser Szenen beim „Entstehen“ beobachten. Wie sich Musiker einander näher kamen, wie Projekte an den Start gebraucht wurden, wie sich etwa der analoge Klang eines Flügels mit den Sounds aus digitalen Klanggerätschaften mischte. Und nicht mehr nur die angestammten Clubs sind für die jungen Londoner die Spielstätten, in denen sie ihre aufregende Musik aufführen. Vielmehr suchen sie sich eigene Orte, in denen sie vor einem anderen, auch jüngeren Publikum ihre Sounds zur Welt bringen.
Das Programm des sechsten NUEJazz Festivals in Nürnberg trägt dieser Szene Rechnung und hat sein Programm mit Acts aus dem Londoner Süden bestückt. Spricht man von dieser neuen Jazzbewegung, so fällt zumeist ein Name: Shabaka Hutchings. Dieser riesige Tenorsaxofonist, der seine Musiker zumeist um Haupteslänge überragt, ist ein Kreativbündel, in dessen Bands seine eigene Sicht auf eine aktuelle Jazzmusik zu Tage tritt. Mit Sons of Comet kommt er nach Nürnberg. Afrika und die Karibik sind in dem Quartett zu hören, aber auch der tänzerische Impuls der Second-Line aus New Orleans oder der zupackende Groove der DJ-Kultur elektronischer Clubmusik. Doch auch die anderen UK-Acts sind nicht minder aufregend. Das Duo Blue Lab Beats zum Beispiel, das an der Schnittstelle von Analogem und Digitalem hantiert. Oder der Keyboarder Joe Armon-Jones, der im Septett nach einem gemeinschaftlichen Idiom für sich und diese junge Szene sucht. Oder das Vels Trio, das ganz auf den tranceartigen Sog setzt, der von den akustischen und elektrischen Instrumenten entsteht. Oder das Trio des Pianisten Ashley Henry, das die pluckernden Grooves und Break-Beats der elektronischen Clubmusik mit klassischen Instrumenten des Jazzpiano-Trios spielt. Oder der Pianist und Keyboarder Bill Laurence, der alleine am Klavier den Groove aus den Klängen der 88 Tasten formt. Und zu guter Letzt Maisha, das den Spiritual Jazz von vor 50 Jahren transformiert und ins Hier und Heute einer aktuellen Musik bringt.
Weitere internationale Acts sind der Drummer Antonio Sanchez, der mit seinem „Migration“-Projekt in die Nürnberger Oper kommt, der Chicagoer Schlagzeuger Makaya McCraven, das New Yorker Duo Edit Bunker und das Hammond-Trio Ibrahim Electric aus Dänemark. Dem gegenüber stehen die Nürnberger Musiker mit ihren Projekten, die längst auf Augenhöhe mit ihren Kollegen aus aller Welt sind – wie zum Beispiel das Trio TeleCommander Music, das Lukas Dillinger Quartett oder Die japanische Clubjacke. Abgerundet wird das Programm mit der Aufführung der Film-Doku „We Out Here: A London Jazz Story“, der Clubnight „It’s A London Thing“ und der Fotoausstellung „A London Rhapsody in black and white“ mit Bildern des Fotografen Magnus Contzen. Schon Tradition geworden sind die „Jazz For Kids“-Nachmittage. Dieses Mal wird eine musikalische Detektivgeschichte für Kinder aufgeführt: „Sherlock Holmes und das gestohlene Instrument“. Alle Infos auf der Festivalsite im Internet.
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