Hannover: Eva Klesse wird erste Instrumentalprofessorin / Offener Brief an die deutsche Jazzszene

Eva KlesseEva Klesse

Die zwei Jahre in New York haben Eva Klesse geprägt: Als junge Schlagzeugerin aus Deutschland konnte sie in der Zeit in New York direkt an den Wurzeln des modernen Jazz andocken. Dadurch hat sich ihre Perspektive auf den Jazz im Allgemeinen ebenso geändert wie auch ihr Schlagzeugspiel im Besonderen, das noch rhythmisch prägnanter und Groove-betonter wurde. „Durch meine Zeit in New York habe ich die Bedeutung der Jazztradition sehr zu schätzen gelernt“, so die 1986 im nordrhein-westfälischen Werl geborene Klesse. „Ich habe mich viel mit dieser Tradition auseinandergesetzt, weil ich auch das Glück hatte, dort Typen zu hören, die zum Beispiel noch mit Coltrane oder Miles gespielt haben. Diese Beschäftigung und Wertschätzung fehlt hier in Deutschland manchmal.“

Klesse, die in Weimar, Leipzig und Paris Jazz-Schlagzeug studiert hatte, 2013 mit dem „Leipziger Jazznachwuchspreis“ ausgezeichnet wurde, 2015 als „Newcomer des Jahres“ einen ECHO Jazz und 2017 im Rahmen des Jazzfestivals Münster den „Westfalen Jazz Preis“ bekommen hat, hat nun als erste Jazzmusikerin die Berufung zu einer Instrumentalprofessur erhalten und wird an der Jazzabteilung der Hochschule für Musik, Tanz und Medien Hannover Schlagzeug unterrichten. „,Nur‘ 56 Jahre nach Gründung des ersten Jazzstudiengangs in Deutschland (1962 in Dresden) wird zum ersten Mal eine Musikerin Professorin in einem Instrumentalfach“, so die Mannheimer Saxofonistin Alexandra Lehmler, „das ist ein Grund zum Feiern! Das ist aber auch ein Zeichen dafür, dass Gleichberechtigung in unserer Gesellschaft noch ein weit entferntes Ziel ist.“ Ähnliches sagt Julia Hülsmann, die zuvor schon einmal ein Jahr lang Gastprofessorin am Jazzinstitut Berlin war: „Eva Klesse ist Schlagzeugprofessorin in Hannover. Das ist eine sehr gute Nachricht“, so die Berliner Pianistin. „Verdient hat sie es sich: durch ihre konstante Arbeit am Instrument, an ihrer Musik, beim Netzwerken und Organisieren von Konzerten und vielem mehr. Vielleicht ist jetzt das Eis gebrochen und weitere Hochschulen folgen dem Beispiel und trauen sich.“

„Als Professorin für Jazzgesang an der Hochschule für Musik und Tanz Köln beschäftige ich mich seit Jahren mit dem Thema Chancengleichheit – jetzt als Vorstandsmitglied der UDJ noch mehr als früher“, hebt die in Köln lebende Jazzsängerin Anette von Eichel hervor. „Chancengleichheit und Diversität sind entscheidende Themen für uns alle, Frauen wie Männer, vor allem aber auch für die Kunstform Jazz. Aber die Bretter, die wir Frauen bohren müssen, sind dick, die Bilder in den Köpfen der Menschen (oft auch bei uns Frauen) sind gut erlernt und halten sich hartnäckig. Die Berufung von Eva als Schlagzeugprofessorin in Hannover ist deshalb ein gutes Zeichen für uns Frauen!“

Weiterführende Links
Eva Klesse

Auf der nächsten Seite: Ein Offener Brief an die deutsche Jazzszene, von David Friedman

Text
Martin Laurentius
Foto
Sally Lazic (Eva Klesse)

Veröffentlicht am unter News

STOP OVER 3 - A Residency Program
CLOSE
CLOSE