42: Jazztage Leipzig

Anna-Lena SchnabelAnna-Lena SchnabelJazz in Großbritannien – der ist zurzeit europaweit in aller Munde. Da ist zum Beispiel das Label Edition Records um den Pianisten Dave Stapleton, das zur Plattform geworden ist für einen hippen, modernen Jazz nicht nur aus dem UK, sondern mittlerweile aus Europa – wie etwa von Laura Jurd, Elliot Galvin, Pablo Held oder Aki Rissanen. Dann gibt es momentan im Süden der britischen Hauptstadt London eine Szene mit jungen Musikern, die wie weiland im Acid Jazz improvisierte Musik mit einer angesagten Clubkultur verbinden und für die der DJ, Radiomacher und „Szene-Aktivist“ Gilles Peterson mit seinem Label Brownswood Records so etwas wie ein Mentor geworden ist. Es rumort also im musikalischen Underground auf der Insel gewaltig, manches ist bereits an die Oberfläche gepoppt, anderes versucht sich noch Bahn zu brechen. Und dann ist da noch der sogenannte „Brexit“, der Schritt also, mit dem sich Großbritannien politisch und ökonomisch aus der EU verabschieden will und am 23. März 2019 aus dieser europäischen Staatengemeinschaft austreten wird. Wie in anderen gesellschaftlichen Bereichen sind die Folgen dieser Trennung auch für das reichhaltige Kulturleben Großbritanniens noch nicht abzusehen.

Umso spannender ist es nun, dass die traditionsreichen Leipziger Jazztage ihr diesjähriges, 42. Programm unter das Motto „Fish and Chips“ stellen, um vom 10. bis 20. Oktober dem so kreativen Jazzleben in Großbritannien ein Podium auf dem Kontinent zu geben. „Jazz wird wieder heterogener und er wird gesellschaftlich ambitionierter, er spiegelt wieder verstärkt den Zeitgeist“, schreiben die Organisatoren in ihrer Pressemitteilung. „In diesem Sinne verstehen wir ,Fish and Chips‘ auch als ein kreatives Beschwören der europäischen Idee.“ Natürlich ist ein Höhepunkt das Konzert mit dem Quartett Aziza am Festivalschlusstag mit dem englischen Bassisten Dave Holland, weitere werden die Auftritte des englischen Kreativtausendsassas Matthew Herbert mit seiner Brexit Big Band, des Quartetts Empirical oder mit dem Kirchenorgelsolospiel von Kit Downes sein.

Doch noch interessanter versprechen unter dem Titel „Across The English Channel“ die verschiedenen musikalischen Brückenschläge zwischen dem Kontinent und der Insel zu werden. So kommt zum Beispiel am 13. Oktober der Pianist Michael Wollny mit dem Elektroniker Leafcutter John und dem Sprecher Alex Nowitz zum Projekt „Goldberg-Tangenten“ zusammen. Die in Berlin lebende, Schweizer Sängerin Lucia Cadotsch trifft sich am 14. Oktober mit der Cellistin Lucy Railton und Downes (diesmal an der Hammond-Orgel) für ein Konzert an der Grenze von Neuer Musik und Jazz. Saxofonistin Anna-Lena Schnabel und Pianist Florian Weber improvisieren am 18. Oktober kompromisslos mit ihren englischen Kollegen James Banner (Bass) und James Maddren (Drums). Der Berliner Schlagzeuger Max Andrzejewski spielt am 19. Oktober mit seinem Quartett HÜTTE ein Tribute-Programm an den englischen Sänger, Schlagzeuger und Komponisten Robert Wyatt. Das komplette Programm gibt es auf der Festival-Site im Internet.

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Jazztage Leipzig

Text
Martin Laurentius
Foto
Steven Haberland

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